Mehr Elvis im Auge als King im Ohr

Jan Feddersens Gastro-Kritik (i. V. Natalie Tenberg): Das Hard Rock Cafe in Charlottenburg ist das Ziel einer jeden Klassenfahrt

Vom Hard Rock Cafe in Berlin behaupten viele, noch nie dort gewesen zu sein. Stimmt aber nicht. Ganze Schulklassen auf Berlin-Ausflug werden in das Restaurant rein-, aber auch wieder rausgeschleust – den Teenagern gefällt das. Zugezogene verdrängen häufig, dass auch sie einst hierher kamen – und ein T-Shirt kauften.

Das Hemd ist schon längst aussortiert, genau wie das Bedürfnis, wieder ins Hard Rock Cafe zu kommen. Doch dann heißt es, hier würden saftige Burger gebraten, ein triftiger Grund, um sich unter Touristen zu mischen. Als musikalischen Experten bitten wir den Freund mitzukommen, dessen Lieblingslied heute noch „Paradise City“ von Guns N’ Roses ist.

Beim Betreten erinnert das Hard Rock Cafe an die Tempel in Abu Simbel: spärliches Tageslicht und massenhaft Touristen. Statt Ramses II ziert Elvis I die Wand – als Motiv einer übergroßen Tiffany-Lampe. Ein Tisch ist nicht frei, doch an der Bar kann man die Wartezeit prima überbrücken. Aus den prophezeiten 30 Minuten werden fünf, das ist freilich eine freudige Überraschung. Es dämmert uns schon, dass ein verkürzter Aufenthalt ein besserer Aufenthalt ist.

Derweil dröhnt die Musik aus allen Ecken. Sie lässt sich rasch zusammenfassen: Die 80er, die 90er und das Beste von heute werden direkt aus Orlando, Florida, in die Berliner Filiale gestreamt. Die Lautstärke wird an diesem Abend nur einmal kurz runtergefahren, als sich das gesamte Lokal zusammentut, um einer Besucherin ein Geburtstagsständchen zu singen – das musikalische Highlight des Abends.

Gegen drei Dinge lässt sich im Hard Rock Cafe nichts sagen: Bedienung, Burger und Nachtisch. Die Kellnerin ist trotz des immer wiederkehrenden und ja gar nicht zu erfüllenden Musikwunschs freundlich. Ein Leitungswasser bringt sie gerne an den Tisch, mit Eis und Strohhalm. Ihr Kollege zaubert lässig einen Aschenbecher aus der Hosentasche und fragt dabei „Ihr seid okay?“

Ja, das sind wir, denn vor allem der Bacon Cheeseburger schmeckt ausgezeichnet, gut gebraten mit frischer Gemüsebeilage. Bei aller Wuchtigkeit scheint er darüber hinaus weniger Kalorien zu haben als der Salat mit gebratenem Huhn, der in Käse und Dressing ertrinkt. Insgesamt sind die Speisen im Hard Rock Cafe so sättigend, dass selbst sechs Personen den Nachtisch, einen warmen Apfelkuchen mit Vanille Eis, nicht gemeinsam verzehren können. Dabei wurden uns ungefragt sechs Dessertlöffel gebracht.

Nach zwei Stunden im Rocktempel fasst der Guns-N’-Roses-Fan zusammen, wie ihm im Hard Rock Cafe zumute ist: „Ich muss jetzt hier raus.“ Bloß zurück nach Berlin!

HARD ROCK CAFE, Berlin-Charlottenburg, Meinekestr. 21, U-Bahn Uhlandstraße, täglich ab 12, Cola 2,85 €, Hauptgericht ab 9 €, dienstags Karaoke. Tel. (0 30) 88 46 20