OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Damit zu Beginn der 70er auch die schwarze US-Bevölkerung mit ihren Ambitionen und Träumen auf der Leinwand erscheinen konnte, musste einiges zusammenkommen: Die Bürgerrechtsbewegung hatte dafür gesorgt, dass die Forderungen der Schwarzen nicht mehr völlig ignoriert werden konnten, außerdem gab es das alte Hollywood-Studiosystem nicht mehr, das schwarze Darsteller in Rollenklischees gepresst hatte. Mit schwarzen Independentfilmen wie Melvin Van Peebles’ „Sweet Sweetback’s Badass Song“ änderte sich das grundlegend: Rassenverhältnisse wurden deutlich analysiert, Sprache, Musik und Probleme der Ghettos endlich zu Gehör gebracht. Zugleich waren jene Action-Filme, die wir heute unter der Bezeichnung „Blaxploitation“ kennen, auch fast immer Wunschträume, Allmachtfantasien voller supercooler Machohelden und Sexsymbole. Eine Auswahl von 12 „Blaxploitation“-Klassikern zeigt jetzt das Arsenal, darunter natürlich Filme mit der wunderbaren Pam Grier (inklusive Tarantinos Genre-Hommage „Jackie Brown“). (ab 20. 7. Arsenal)

Ganz anders als seine Kollegen Charlie Chaplin und Harold Lloyd hat sich Buster Keaton in seinen Filmen nie darauf festgelegt, Figuren einer bestimmten Gesellschaftsschicht zu spielen. Wichtig ist für seine Charaktere vor allem, dass sie unabhängig von ihrer sozialen Stellung Defizite aufweisen: Keatons Figuren sind auch dann Verlierer, wenn sie Millionär sind. Dass in einer umfassenden Retrospektive von Keatons Stummfilmen im Babylon Mitte auch die sonst im Kino selten gespielten Kurzfilme zu sehen sind, gibt die Möglichkeit, seine Entwicklung als Filmemacher sehr gut nachzuvollziehen. Während viele der seit 1920 entstandenen Kurzfilme zwar noch wenig Wert auf durchlaufende Handlungen und präzise Charaktere legen (und damit an Fatty Arbuckles Filme erinnern, in denen Keaton 1917 im Kino debütierte), wird doch zugleich klar, wofür Keaton sich wirklich interessierte: Gags mit technisch-mechanischen Spielereien (Eisenbahnen begleiten ihn durch seine gesamte Filmkarriere), irrwitzige Verfolgungsjagden und Stunts wie in „Cops“ (1922) und „Day Dreams“ (1922) sowie die Thematisierung von Technik und Inhalten des Kinos selbst. In den ab 1923 entstandenen langen Spielfilmen, von denen Keaton bis 1928 regelmäßig zwei pro Jahr drehte, verzahnte er dann ausgefeilte Spielhandlung mit den Gags, so dass diese die Handlung stets vorantreiben: ein ganz und gar modernes Gespür für Kino-Rhythmus, das sich besonders schön in einem Meisterwerk wie „Our Hospitality“ (1923) zeigt. (ab 20. 7. Babylon Mitte)

Eine umfangreiche Stummfilmreihe präsentiert dieser Tage auch das Lichtblick-Kino, das einerseits mit neuen 35mm-Kopien von Chaplin-Filmen punktet, zum anderen aber auch so interessante Werke wie Stuart Patons „Twenty Thousand Leagues under the Sea“ (1916) im Programm hat: ein Abenteuerfilm nach Jules Verne natürlich, mit U-Booten, Kokosnuss-Exotik und tatsächlicher Unterwasser-Fotografie. (19. 7. Lichtblick-Kino) LARS PENNING