Entwässerung, Dopingtest, Selbstanzeige und Tour-Aus

RADSPORT Die Tour de France hat einen prominenten Dopingfall: Der Vorjahresdritte Fränk Schleck wird positiv auf Xipamid getestet und steigt aus

„Das ist sehr leicht nachzuweisen“

WILHELM SCHÄNZER, LEITER DES KÖLNER DOPING-KONTROLL-LABORS

PAU taz | Fränk Schleck hat offenbar verstanden. Der bei der Tour de France mit einer positiven A-Probe eines Tests vom 14. Juli aufgefallene Luxemburger Radprofi ging am Dienstagabend ganz von allein zur französischen Polizei, um dort eine Aussage zu tätigen.

„Wir wollten solche schlimmen Bilder von Festnahmen und Durchsuchungen vermeiden. Doping ist nach französischem Recht ein Delikt, die Polizei ermittelt automatisch“, erklärte Alain Gallopin, sportlicher Leiter von Schlecks Team Radioshack, der taz. Die Fahrt zu den Gendarmen hätten sich Gallopin und Schleck sparen können, hätte der Tourdritte von 2011 auf die Einnahme des Entwässerungsmittels Xipamid verzichtet. Das Mittel wird gewöhnlich bei Bluthochdruck, der durch hohe Salzkonzentration ausgelöst ist, verschrieben. Die Salze sollen aus dem Körper gespült werden. Offenbar konnte Schleck dafür keine therapeutische Ausnahmegenehmigung präsentieren.

Dopende Spitzensportler greifen zu Mitteln wie diesen, um die Einnahme von leistungssteigernden Präparaten zu verschleiern. „Mit einem Diurethikum erhöht man die Menge des Urins. Diese Volumenvergrößerung führt zu einer Verringerung der Konzentration aller im Urin befindlichen Substanzen und damit auch aller Dopingsubstanzen“, erklärt der Biochemiker und Dopingexperte Fritz Sörgel auf Nachfrage der taz.

Wie auch Wilhelm Schänzer, Leiter des Kölner Dopingkonztrollabors, zeigte sich Sörgel allerdings überrascht, dass Profis noch auf solche Mittel zurückgreifen. „Das ist sehr leicht nachzuweisen“, sagte Schänzer der Agentur dapd. Und Sörgel wies darauf hin, dass die Wirkung eher leistungsmindernd sei und bei häufigem Gebrauch der gewünschte Effekt der Entwässerung auch nachlasse.

Verblüfft war auch Schlecks Teamgefährte Jens Voigt. „Natürlich sitzt man dann da und stellt Spekulationen an. Aber auch wir können es uns nicht erklären“, erzählte der Berliner. Voigt war der einzige Radioshack-Fahrer, der ausführlich Auskunft gab. Es handele sich „nicht um eine Sache von Schwarz oder Weiß“, sagte er. „Wir müssen erst die Details abwarten.“

Schleck selbst wählte die Verteidigungsstrategie des Fremdverschuldens. In einem von ihm im Internet verbreiteten Statement erklärte er: „Ich werde die Öffnung der B-Probe beantragen. Sollte diese das Resultat der A-Probe bestätigen, reiche ich Klage gegen unbekannt wegen Vergiftung ein.“ Von der Tour de France reiste er dennoch ab. Team Radioshack selbst, dass in Form von Rennstallchef Johan Bruyneel bereits mit dem Dopingverfahren in den USA schwer belastet ist, erwog hingegen in keiner Sekunde den Rückzug von der Tour.

Für Schleck selbst wird es nun eng. Die Dopingkontrolle nach einer Flachetappe, also nicht gerade einem Profil, bei dem der Kletterer für herausragende Leistungen infrage gekommen wäre, deutet darauf hin, dass die Dopingkontrolleure aus anderen Gründen ein Auge auf ihn geworfen haben. Bei seiner Vergangenheit eine völlig logische Vorgehensweise. Im Zuge des Fuentes-Skandals wurden Zahlungen von Schleck an den spanischen Dopingarzt bekannt. Dies hatte jedoch keine sportrechtlichen Konsequenzen.

Dieses Mal liegt die Beweislast allerdings bei ihm. Schleck muss belegen, dass die Substanz ohne sein Wissen in den Körper gelangte oder Bestandteil einer Krankheitsbehandlung war. Nur wenn ihm das gelingt, kann er mit einer reduzierten Strafe davonkommen. TOM MUSTROPH