WELLNESS, BADNESS
: Katharsis im Garten

„Ihnen wachsen keine Algen an den Händen“

R. und ich verreisen nach Marzahn in die Gärten der Welt. Es war bislang ein lächerlicher Tag, wenn nicht grotesk. R. ist in Hundekot getreten, den schon jemand zuvor am Schuh hatte. „Scheiße zweiter Ordnung“, so R., die zu Scheiße erster Ordnung wird, da sie Wut erzeugt. Dann, weiter absurd, hatte er das Schwarze zelebriert durch den idiotischen Kauf eines kapitalistischen Dummprodukts, eines Waschmittels für schwarze Wäsche. Er vergaß vor dem Waschen die Kontrolle der Hosentaschen, und es kam, was kommen musste: Maschine öffnen und überall Überreste von Zellstoff im Schwarzen.

Unterwegs zur Bahn auf der Knalloballokastanienallee treffen wir andere vom Dasein Irritierte: „Wenn ich einen Ponyhof in ‚Second Life‘ hätte, wäre alles besser“, sagt ein Kind zu seiner erwachsenen Begleitung. Wir haben bereits genug damit zu tun, das First Life am Laufen zu halten, wie sich schließlich in Marzahn zeigt. Vor dem Orientalischen Garten fassen wir alle mit Schönheit gesegneten Blumen an, besonders die blassrosa Trompeten. „Die sind giftig!“, ruft der Wärter. Sofort waschen wir die Hände im nächsten Springbrunnen. „Da haben wir heute morgen Algenvernichtungsmittel reingekippt!“, wieder der Wärter, „Ihnen wachsen jetzt keine Algen mehr an den Händen“. Er weist uns den Weg zu einem Wasserhahn, aus dem harmloses Trinkwasser läuft, so kommt es zur Sofortrettung. R. kramt aus seiner einstmals schwarzen Hose noch die zerfledderten Reste eines Taschentuchs, mit denen wir uns die Finger trocken tupfen. Wir schauen uns an und sehen Glück im Gesicht des anderen. Die Gärten der Welt sind es, die uns endlich das komplette Katharsispaket schenken, Aufregung gekoppelt an eine sofortige Abregung. Im Erholungspark Marzahn beherrscht man die Kunst, Wellness durch wohldosierte Badness zu erzeugen. JOANNA ITZEK