Glücklicherweise machen manche immer das Gleiche: Funny van Dannen verlässlich ziemlich großartig und Noiseshaper mit Reggae

Ein immer wieder neuer, nichtsdestotrotz beliebter Vorwurf an Musiker ist: Die machen immer nur dasselbe. Im Falle von Funny van Dannen und Noiseshaper wollen wir beweisen: Gerade dieser Vorwurf ist eigentlich ein Qualitätsprädikat. Sonst allerdings haben unsere beiden Delinquenten musikalisch nicht viel gemeinsam.

Auf Funny van Dannen trifft die Vorhaltung unumwunden zu: Der 51-Jährige spielt Gitarre und singt dazu ironische bis absurde Texte – und das schon ewig und immer. Auch auf „Saharasand“, dem elften Album des Wahlberliners, geht es 21-mal musikalisch spartanisch zu. Mal poetisch hintertrieben um einen Grillabend mit der Bionade-Boheme und die ganz persönliche Globalisierung, dann um den Rassismus bei der Polizei, die Ankunft des Frühlings im Industriegebiet, um Samenstau oder Seelenwanderung. Van Dannen kennt dabei keinen Unterschied zwischen privater Nähe und politischer Dimension: Er geht mit seiner Frau zur Gustav-Klimt-Ausstellung und stellt fest, dass der „Scheiß Jugendstil“ schlussendlich für den Zweiten Weltkrieg verantwortlich war. Er sitzt mit 29 Marienkäfern in seiner Küche und wundert sich über die Finanzkrise, schießt aus Katzenpissepistolen und geht in die Pflanzendisko: „Rhododendron, Flachs und Pampasgras / Bonsai, Ulmen, alle hatten Spaß.“ Zum Glück liefert van Dannen diesmal, und das nicht nur zwischen den Zeilen, gleich selbst die Einschätzung seines Schaffens: „Das ist selbstverständlich kindisch, aber es macht Spaß.“ Es gibt also einen großen Vorteil an Funny van Dannen: Der Mann macht immer dasselbe. Und man kann sich darauf verlassen, dass es immer ziemlich großartig ist.

Im Falle von Noiseshaper trifft der Vorwurf gleich ein ganzes Genre: Reggae. Das ist doch immer die gleiche Soße. Stimmt ja auch, irgendwie jedenfalls: Die Klischees werden ja auch allsommerlich wieder von einem verkifften Sonnenanbeter-Hit wieder aufbereitet beziehungsweise regelmäßig von antisemitischen, sexistischen Stars aus Jamaika bestätigt. Aber natürlich gibt es längst moderne, urbane Variationen wie Noiseshaper.

Das in London und Berlin ansässige Duo, das schon Songs für die Branchen-Altmeister Sly & Robbie remixen durfte, schreitet auch auf „Satellite City“ wieder souverän die ganze verfügbare Bandbreite des Offbeats ab: von flott knallenden Dancehall-Replikanten über warm verhallten Dub bis zu zwanglos groovendem Roots Reggae. Dabei trennen Axel Hirn und Flo Fleischmann die einzelnen Spielarten nicht fein säuberlich, sondern lassen sie meist sanft ineinander fließen. Und ergänzen sie geschickt mit den Erkenntnissen der aktuellen DJ-Forschung, lassen House-Beats pluckern oder R&B-Harmonien aufleuchten. Auf „Satellite City“ nun wagen sie mit dem Einsatz von Slide-Gitarren sogar einen Ausflug in die wüstesten Weiten Amerikas: Wenn man so will, erfinden Noiseshaper hier den Western-Reggae. Und beweisen damit, dass Reggae zwar irgendwie immer gleich klingt, aber doch vor allem deshalb, weil er so anpassungsfähig ist wie kaum ein anderes Genre. THOMAS WINKLER

■ Funny van Dannen: „Saharasand“ (JKP/Warner), Konzert 26. 9. im Astra bereits ausverkauft

■ Noiseshaper: „Satellite City“ (Cat’n’Roof/Groove Attack), Record Release Party am 26. 9. im Yaam