Ein Wegbereiter nach Europa

Großbritanniens Ex-Premierminister Edward Heath ist im Alter von 89 Jahren gestorben

LONDON taz ■ Er war der Premier vor Margaret Thatcher und ist außerhalb Großbritanniens fast vergessen. Doch obwohl Edward Heath keine vier Jahre regierte, hat er Großbritannien stärker verändert als viele Premiers, die länger im Amt waren. Heath, der vorgestern Abend mit 89 Jahren an Lungenversagen starb, hat 1973 die „splendid isolation“ der Nachkriegszeit beendet und sein Land in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft geführt, die Vorgängerin der EU.

Er war über 50 Jahre lang Unterhausabgeordneter. Er war der erste Tory-Chef, der aus der Arbeiterklasse stammte, der erste, den die Tory-Abgeordneten wählten. Bis dahin hatte den Parteiführer ein Komitee bestimmt.

Viel Freude an seinem Amt hatte er nach dem EWG-Beitritt nicht mehr. Er versuchte, die Gewerkschaftsgesetze zu reformieren, was auf erbitterten Widerstand stieß. Als der Streik der Bergarbeiter Ende 1973 die Regierungsfähigkeit bedrohte, rief Heath Neuwahlen für Februar 1974 aus, um zu klären, „wer hier regiert“. Die Antwort erhielt er an den Urnen: Er verlor, nicht zuletzt, weil sein Erzfeind in der Partei, der Rechtsaußen Enoch Powell, zur Wahl der Labour Party aufgerufen hatte. Labour-Chef Harold Wilson übernahm eine Minderheitsregierung und rief im Oktober erneut Wahlen aus, um eine arbeitsfähige Mehrheit zu bekommen. Er erreichte sein Ziel knapp. Damit war Heaths Schicksal besiegelt: Auf dem nächsten Parteitag wurde er von Thatcher abgelöst.

Es war der Beginn der längsten Feindschaft in der britischen Politik. Immer wieder kritisierte er ihre Politik, vor allem in den Achtzigerjahren, als die Arbeitslosigkeit die Dreimillionenmarke überstieg und die Inflation auf mehr als 20 Prozent kletterte. Thatcher bescheinigte ihm, die „beleidigtste Leberwurst aller Zeiten“ zu sein. raso