Bundesregierung hält weiter zu Nord Stream 2

Berlin sieht keinen Zusammenhang zum Fall Nawalny. Verlegeschiff startet Arbeiten an Pipeline

Die Bundesregierung hält trotz der Inhaftierung des Kreml-Kritikers Alexei Nawalny an der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland fest. „Ein direkter Zusammenhang zwischen dem Fall Nawalny und Nord Stream 2 besteht nicht“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Die Haltung der Bundesregierung zu dem Projekt habe sich nicht verändert.

Der Bau der Pipeline ist seit der Inhaftierung des aus Deutschland zurückgekehrten Regimekritikers Nawalny in Moskau in der vergangenen Woche noch umstrittener geworden. Das Europäische Parlament forderte vergangene Woche in einer Resolution mehrheitlich einen Stopp des Pipeline-Baus. Anders als die Unionspolitiker in Deutschland hat sich etwa auch der Fraktionsvorsitzende der konservativen EVP im EP, Manfred Weber (CSU), kritisch zu dem Projekt geäußert.

Am Montag hat das am Bau von Nord Stream 2 beteiligte Spezialschiff „Fortuna“ südlich der dänischen Insel Bornholm mit Vorbereitungen und Tests begonnen. Diese Arbeiten hätten begonnen, bevor Verlegearbeiten aufgenommen werden können, teilte Nord Stream 2 am Montag mit. „Alle Arbeiten werden in Übereinstimmung mit geltenden Genehmigungen durchgeführt“, hieß es. Zuvor hatten Medien über die Wiederaufnahme der Arbeiten berichtet.

Die „Fortuna“ war Mitte Januar aus dem Wismarer Hafen ausgelaufen, lag dann Tage vor dem Rostocker Hafen, bevor sie Ende vergangener Woche Richtung Bornholm aufbrach. Das Schiff wurde vergangene Woche im Rahmen von Strafmaßnahmen gegen ein russisches Unternehmen von der mittlerweile abgelösten Trump-Regierung als „blockiertes Eigentum“ eingestuft. Es war das erste Mal, dass die US-Regierung auf Grundlage der Sanktionsgesetze gegen Nord Stream 2 ein Unternehmen wegen der Beteiligung am Bau der deutsch-russischen Gas-Pipeline bestrafte.

Laut dem russischen Energiekonzerns Gazprom als Hauptinvestor von Nord Stream 2 sind 94 Prozent der Pipeline fertiggestellt. Das Projekt soll 9,5 Milliarden Euro kosten. Es besteht aus zwei Leitungssträngen mit einer Länge von jeweils rund 1.230 Kilometern und soll künftig jedes Jahr zusätzlich 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland befördern.

Viele ExpertInnen halten den Bau für energiepolitisch überflüssig und für klimaschädlich. Grünen-Chefin Annalena Baerbock bezweifelte am Sonntag erneut die Grundannahme der Bundesregierung, dass Gas als Übergangsenergie in dem Maße nötig ist, dass eine weitere Pipeline überhaupt gebaut werden muss. Die USA wollen Nord Stream 2 mit der Begründung verhindern, Europa begebe sich dadurch in zu große Abhängigkeit von Russland. Auch einige EU-Länder, die Nord Stream 2 umgehen soll, lehnen die Pipeline ab. Die Bundesregierung sieht sie in erster Linie als Wirtschaftsprojekt und hat eine Einmischung bisher stets abgelehnt. (dpa, taz)