„Der Gesamtverbrauch zählt“

AUTOS Kraftstoff-Einsparungen durch bessere Motoren werden teilweise durch Luxus-Ausstattungen aufgehoben. Umwelt-Experte Mönch fordert vollständige Kennzeichnung

■ Der 46-Jährige hat Kraftfahrzeugtechnik studiert. Er ist Fachgebietsleiter „Schadstoffminderung und Energieeinsparung im Verkehr“ im Umweltbundesamt in Dessau.

INTERVIEW RICHARD ROTHER

taz: Herr Mönch, die Internationale Automobil-Ausstellung in Frankfurt geht am Sonntag zu Ende. Hat es dort einen Paradigmenwechsel hin zu sparsameren Fahrzeugen gegeben?

Lars Mönch: Nein. Aber viele Hersteller haben bekannte Techniken zur Kraftstoffeinsparung präsentiert. Am weitesten fortgeschritten ist die Hybridtechnik, die einige Konzerne schon heute als Serienprodukt anbieten. Von weiteren Herstellern wird sie in absehbarer Zeit zu akzeptablen Preisen auf den Markt kommen.

Neben dem Trend zu sparsameren Antriebstechniken gibt es auch die Tendenz zu immer mehr Komfort- und Sicherheitsausstattungen, die Energiespar-Erfolge teilweise zunichtemacht.

Grundsätzlich braucht man im Fahrzeug Energie für den Vortrieb und für sogenannte Nebenverbraucher wie Klimaanlagen, Radio und Elektromotoren, etwa für automatische Fensterheber oder Sitzversteller. Diese Nebenverbraucher werden den Verbrauchern derzeit bei der Angabe der CO2-Emissionen eines Fahrzeugs nicht mitgeteilt. Da müssen wir die entsprechende EU-Richtlinie anpassen.

Welche Nebenverbraucher fallen besonders ins Gewicht?

Ganz klar die Klimaanlage, die einen Mehrverbrauch von 0,5 bis 0,7 Liter Kraftstoff pro 100 Kilometer verursachen kann.

Aber die Klimaanlage wird doch in der Regel nur im Sommer eingeschaltet.

Mit Marktanalysen ließe sich annähernd herausfinden, wie die Klimaanlage tatsächlich genutzt wird und welchen Mehrverbrauch sie übers Jahr gerechnet verursacht. Es gibt auch Leute, die die Klimaanlage im Herbst und Winter einschalten, um die Luft im Fahrzeug zu trocknen, damit die Scheiben nicht beschlagen.

Wie machen sich weitere Nebenverbraucher bemerkbar?

Elektrische Motoren, etwa zum automatischen Verstellen von Sitzen, verbrauchen bei Benutzung an sich Energie, was zu einem gewissen Mehrverbrauch an Kraftstoff führt. Und sie machen das Fahrzeug schwerer. Eine Faustformel besagt, dass etwa 100 Kilogramm Mehrgewicht zu einem Mehrverbrauch von etwa einem halben Liter pro 100 Kilometer führen.

Welche Rolle spielen Karosserie und Fahrgestell?

Ziel muss ein möglichst geringes Fahrzeuggewicht sein. Entscheidend dabei ist, für welches Höchsttempo ein Fahrzeug ausgelegt ist. Wenn ein Auto 200 oder 220 Stundenkilometer erreichen soll, müssen Karosserie und Fahrgestell viel schwerer sein als bei einer Höchstgeschwindigkeit von 160 Kilometer, weil sie stärkeren Belastungen ausgesetzt sind. Das kostet mehr Sprit.

Wie sieht das Fahrzeug der Zukunft aus?

Die Grundlage für einen niedrigen Verbrauch ist ein sparsamer Motor und ein exzellentes Antriebskonzept. Und die Karosserie muss auf einen niedrigen Verbrauch getrimmt werden. Zudem stellt sich die Frage, wie viel Luxus eigentlich nötig ist.

Warum setzt die Industrie auf immer mehr Luxus? Viele Verbraucher wünschen sich doch sparsame und günstige Fahrzeuge.

Durch Luxus lassen sich am Markt höhere Preise durchsetzen. Zudem entscheiden viele Autokäufer nicht nur rational, sondern auch emotional. Generell brauchen wir einen Wettbewerb um den niedrigsten Verbrauch. Dabei wurde aber der bisherige Fortschritt nur durch gesetzliche Vorgaben erreicht.