wortwechsel
: Sachsen ist auch nur ein deutsches Bundesland

Le­se­r:in­nen sind empört über satirische Reisewarnung. Informationsfülle in Pandemiezeiten weckt Sehnsucht nach differenzierter Berichterstatttung

Achtung, Sachsen? Foto: Robert Michael/imago

„Autoindustrieminister“

„Es ist an der Zeit, dass der Minister endlich beichtet“, taz vom 28. 1. 21

Nicht zuletzt „dank“ Corona sind wir inzwischen schon einiges gewohnt. Im Hinblick auf unseren Bundesverkehrs­minister, dessen Tätigkeit sich nach meiner Wahrnehmung deutlich zutreffender mit dem Titel „Autoindustrieminister“ beschreiben ließe, bin ich gleichwohl immer noch sehr schmerzempfindlich. Es fehlt mir schlichtweg die Fantasie für die lakonische Annahme, dass Andreas Scheuer für den eines Ministeramtes würdigen, verantwortungsvollen Umgang mit unseren demokratischen Mitteln im Allgemeinen und mit unseren steuerlichen Mitteln im Besonderen stehen könnte. Indes: Scheuers Leistungen erfolgen durchweg mit der Kanzlerin und/oder des CSU-Chefs Gewähr.

Ira Bartsch, Lichtenau-Herbram

Ohne Respekt

„Reisende, meidet Sachsen!“,

taz vom 27. 1. 21

Ich bin erschüttert über so viel Hass und Unwissenheit gegenüber einem Bundesland. Ich bin selbst in Sachsen geboren und lebe gern hier. Ihre Darstellung ist einfach falsch und entspricht nicht den Tatsachen. Meine Vorstellung, dass eine Zeitung neutral und unabhängig und mit fundiertem Wissen berichtet, scheint eine Wunschvorstellung.

Sie sind selbst nicht anders als die Leute, die Sie beschreiben, ohne Toleranz, Respekt und Achtung des Anderen.

Manja Gering, Chemnitz

Pech gehabt

„Anna Ardin bricht ihr Schweigen“,

taz vom 24. 1. 21

Julian Assange hat einfach nur Pech!

Er ist kein Russe und wurde nicht angeblich mit Nowitschok vergiftet. So konnte er wegen Vergewaltigung verfolgt werden, obwohl die vermeintlichen Opfer ihn nie deswegen angezeigt haben. Er wurde gejagt, weil er öffentlich gemacht hat, dass die USA im herbeigelogenen Irakkrieg völkerechtswidrig Journalisten und Zivilisten vom Hubschrauber aus abknallen ließen. Anstatt diese Mörder vor Gericht zu stellen – das wäre auch in Deutschland möglich –, hat man Assange jahrelang mit Auslieferung an die USA bedroht und dadurch, wie der UN-Menschenrechtsbeauftragte offiziell festgestellt hat, psychisch und physisch schwer gefoltert. Statt, wie Assange, für Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit und damit für Menschenrechte einzustehen, hyperventilieren die Medien und Politiker, um einen rechtsradikalen Russen zum Märtyrer zu erheben und dessen Freilassung zu fordern. Ganz anders bei Julian Assange: Der kann weiter in Haft bleiben.

Friedhilde Scholl, Frankfurt am Main

Erbe annehmen

„Passen Sie auf auf unser Land“,

taz vom 27. 1. 21

Leider trifft zu, was Charlotte Knobloch und Marina Weisband mit ihren eindringlichen Aussagen zum Nicht-Eigentlichen von Ausgrenzung und Antisemitismus, Freiheit und Demokratie in der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unseres Landes spiegeln.

Deswegen macht sich fürwahr jeder Bürger in einer Demokratie, der nicht gegen Antisemitismus, gegen Unrecht und Gewalt klar Stellung bezieht, zu einem wesentlich Falschen im Richtigen. Wer Leid und Diskriminierung anderer „erträgt“, weil er Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit für sich qua Gunst des Schicksals durchsetzen kann, höhlt unsere Demokratie und unsere Rechtsstaatlichkeit aus. Obgleich wir uns seit 76 Jahren an die dunkelste Zeit für jüdische Mitmenschen erinnern, haben wir offensichtlich noch nicht erfasst, wie wir überzeugende Aufklärung erreichen können.

Unser Erbe ist nicht die Schuld unserer Vorfahren. Unser Erbe ist das Nichtaufgeben historischer Erinnerung und Klarheit; und es ist die persönliche Verantwortung eines jeden, der hier und heute in diesem Land lebt, unsere demokratische Verfassung nicht zuletzt in diesem Sinne wahrzunehmen und für sie einzustehen.

Matthias Bartsch, Lichtenau

Vorurteile schüren

„Reisende, meidet Sachsen!“,

taz vom 27. 1. 21

Ich komme aus Thüringen, habe viele Jahre in Frankreich und Großbritannien gelebt, nun seit zehn Jahren freiwillig hier in Sachsen.

Was sollen solche Aufrufe? Sie schüren Vorurteile auf beiden Seiten. Die einen werden in ihrer Weltsicht (blöde Ossis) bestätigt, die anderen fühlen sich unverstanden und geben ihrem „Jetzt erst recht“-­Gefühl nach. Mein Mann stammt aus Münster. Teile der Verwandtschaft waren in dreißig Jahren noch nicht im Osten und fragen uns, warum wir hier nicht weg­ziehen. Warum sollten wir? Wir und unsere Kinder können das Land doch gestalten. Wir sind doch Teil des Ganzen.

Was weiß meine Verwandtschaft, was wissen Sie vom Leben hier? Von der nach der Wende eingebrochenen Industrie, von den Betrieben, die es nicht mehr gibt? Vom Lehrermangel, Ärztemangel? Andererseits von den vielen Projekten, die sich gegen rechts richten, von den kleinen Unternehmen und Vereinen, die versuchen, das Leben hier aufrechtzuerhalten und zu gestalten?

Kathrin Markus, Ottendorf-Okrilla

Krach beim Nachbarn

„Wieder Chaosnacht mit Randale“,

taz vom 26. 1. 21

Die aktuellen Berichte aus den Niederlanden klingen nicht gut. Es gibt seit mehreren Tagen Ausschreitungen – vordergründig gegen die Coronaregelungen. Anfangs war eher ein bunter Mix von Bürgern unterwegs. Mittlerweile beobachtet man fast nur noch junge Menschen/Männer in schwarzen „Uniformen“, die ihrem Unmut gewalttätig Luft machen. Bei Ihnen handelt es sich überwiegend um Hooligans, Neonazis und Coronaleugner. Es wird flächendeckend randaliert und geplündert, sogar Testzentren werden in Brand gesteckt, Krankenhäuser und Polizei angegriffen.

Ich bin erschrocken über diese Gewalt! Ein winzig kleiner Teil der niederländischen Gesellschaft mischt das eigene Land auf. Neben der zweiten Corona-Infektionswelle können wir nicht noch eine Welle der Gewalt gebrauchen, die auch Chaoten bei uns animiert, Randale zu machen.

Achim Bothmann, Hannover

Wertekanon

„Cancel Culture auf Chinesisch“,

taz vom 25. 1. 21

Was kann der Leihmutterskandal einer chinesischen Starschauspielerin für uns bedeuten? Menschen ticken ähnlich, da kommen Ideologien (Parteien und Markt) nicht gegen an. Die Einsicht, dass im Wertekanon die chinesische Gesellschaft vor der Partei und noch vor der Wirtschaft rangiert, ist beruhigend. Leihmutterschaft ist out, die Partei hängt sich als moralische Instanz daran, und Leben zum Gegenstand von Handel zu machen stößt ab. Das entspricht unserem Empfinden und lässt hoffen. Dagegen beunruhigt die in China beobachtbare Misogynie/Weiblichkeitsfeindlichkeit.

Klaus Warzecha, Wiesbaden

Berichte aus China

„Die Tagelöhner von Wuhan“,

taz vom 23. 1. 21

Bonn ist seit zehn Jahren Partnerstadt von Chengdu (China). Davon ist wenig zu spüren. Wenn ich mein Interesse für das Land bekunde, ernte ich häufig ein Stirnrunzeln, gefolgt von: „Diktatur, Uiguren, Hongkong“. So, als müsse ich mich dafür rechtfertigen, mehr über Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft dort erfahren zu wollen. Umso erfreulicher, dass etliche der letzten Artikel von Fabian Kretschmer ein Bild vom Leben der Menschen jenseits von Klischees zeichnen. Besonders der Bericht aus Wuhan vom letzten Wochenende hat mir gut gefallen. Vielleicht wird die Partnerschaft mit Chengdu doch noch mal von den Mandatsträgern in Bonn zum Leben erweckt. Franz Heinbach, Bonn