Brüssel halb erfreut

Urteil aus Karlsruhe ist Rückschlag für EU-Terrorbekämpfung. Grundsätzlich aber wird EU-Haftbefehl nicht in Frage gestellt

BRÜSSEL taz ■ Mit großer Befriedigung hat die EU-Kommission zur Kenntnis genommen, dass die Karlsruher Richter nicht das Rahmengesetz zum Europäischen Haftbefehl kritisiert haben, sondern lediglich die Umsetzung in deutsches Recht. Dennoch bedeutet die Tatsache, dass ein großes Mitgliedsland das Gesetz bis auf weiteres aussetzen muss, einen herben Rückschlag für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Polizei und Justiz.

Auf das Gesetzgebungsverfahren in Deutschland hat Brüssel wenig Einfluss. Da Kriminalitätsbekämpfung nicht in die so genannte erste Säule gemeinschaftlicher Politik gehört, kann die Kommission kein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Sie kann nur moralische Appelle nach Berlin senden, dass angesichts des Terrors, der ganz Europa bedroht, entschlossenes gemeinsames Handeln auch im Bereich Justiz und Polizei notwendig ist.

„Die Entscheidung des Verfassungsgerichts bestätigt die Rechtmäßigkeit unseres Rahmenbeschlusses und unterstreicht die Verantwortung der Mitgliedsstaaten und ihrer Parlamente“, betonte Kommissionssprecher Martin Selmayr. Als „nicht sehr hilfreich“ bezeichnete sein Kollege Friso Abbing die nun entstandene Verzögerung. Deutlicher wollten die Sprecher die Entscheidung eines nationalen Gerichts nicht kritisieren. Sie lobten aber die Entscheidung des obersten polnischen Gerichts, das trotz Bedenken den Europäischen Haftbefehl nicht gestoppt hatte.

Auch in Polen hat das oberste Gericht am Freitag das dort beschlossene Ausführungsgesetz zum EU-Haftbefehl als nicht mit der Verfassung vereinbar beurteilt. Dennoch kann der Europäische Haftbefehl dort umgesetzt werden. Der Gesetzgeber bekam eine Übergangsfrist bis Ende 2006, um handwerklich nachzubessern. DPS