CSU startet ins Superwahljahr

Nicht im idyllischen Oberbayern, sondern am Berliner Alexanderplatz stellt die Bundestags-CSU die Weichen ins Schicksalsjahr 2021. Im Fokus: politische Farbenlehre und spannende Zukunftsfragen

Söder will den Grünen beim Klimaschutz nicht das Feld überlassen

Die Ausgangslage für die CSU ins Superwahljahr 2021 könnte kaum besser sein. In Umfragen genießt die Partei um Bayerns Ministerpräsident Markus Söder seit Monaten einen bundesweiten Zuspruch, wie sie ihn in ihrer Geschichte wohl noch nie erfahren hat. Mehr noch: Dürften die Deutschen den Nachfolger von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) direkt wählen, so könnte sich der CSU-Chef berechtigte Hoffnungen auf das Amt machen.

Dabei kommt der CSU wie ihrer großen schwarzen Schwesterpartei CDU zugute, dass die Menschen in Krisenzeiten tendenziell immer eher denen ihr Vertrauen schenken, die aktuell regieren. Trotzdem wissen sie auch in der CSU, dass der Erfolg bei der Bundestagswahl im September alles andere als sicher ist. Und das liegt nicht nur daran, dass Angela Merkel (CDU) nicht mehr zur Wahl antritt.

Die größte Unbekannte in der Gleichung ist derzeit zweifelsohne noch die unklare Machtfrage in der CDU. Seitdem Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer im vergangenen Jahr ihren Rückzug aus dem Amt angekündigt hat, ringen die Christdemokraten in einer manchmal quälenden Hängepartie um ihre Rolle zwischen Regierungsverantwortung und internem Machtkampf der drei Bewerber um das Spitzenamt.

Wenn die CDU am 16. Januar auf ihrem digitalen Parteitag endlich entscheidet, ob der Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet oder der Außenpolitiker Norbert Röttgen Vorsitzender wird, dürfte dies direkten Einfluss auf den politischen Kompass der CSU und das Machtgefüge in der Union haben. Denn im Anschluss werden CDU und CSU im Frühjahr entscheiden müssen, wer für die Union als Kanzlerkandidat ins Rennen geht.

Zwar hat Söder seiner Partei von Anfang an jegliche Einmischung in die Personalfrage untersagt. Gleichwohl kann die Einladung an Merkel zur CSU-Klausur aber auch als Fingerzeig gewertet werden. Nachdem die CSU unter ihrem damaligen Chef Horst Seehofer im Streit über die Asylpolitik beinahe den Bruch der Unionsgemeinschaft provoziert hatte, stehen die Weichen längst wieder auf Harmonie. Zugleich hat sich die Landesgruppe hinter Söder einsortiert und verzichtet auf Sticheleien.

Anders als in früheren Wahljahren ist die CSU auch einem Bündnis mit den Grünen nicht mehr abgeneigt. Erst jüngst sagte Söder, dass ein schwarz-grünes Bündnis „für viele attraktiv wäre. Eine Konstellation, die neben Sicherheit auch Inspiration bieten könnte.“ Auch die Einladung von UN-Klimachefin Patricia Espinosa Cantellano zur Klausur sehen viele als heimlichen Fingerzeig für die Grünen. In Bayern vertritt Söder schon lange eine Politik, die gezielt grüne Kernthemen aufzugreifen versucht. Den Grünen will er beim Umwelt-, Arten- und Klimaschutz nicht kampflos das Feld überlassen.

Für Söder, Dobrindt und viele in der CSU ist es aber keinesfalls gesetzt, dass die Grünen überhaupt eine Koalition mit der Union anstreben. Dobrindt macht aus seiner Skepsis gegenüber den Grünen auch am Rande der Klausur keinen Hehl: Er habe in den vergangenen Monaten „keine romantischen Gefühle gegenüber den Grünen entwickelt“, poltert er in deren Richtung.

Und auch die CSU muss in diesem Jahr für sich viele wichtige Fragen klären. Mit wem will die Partei als Listenführer in den Wahlkampf gehen? Hört man sich in der Partei um, fallen immer nur zwei Namen: der von Dobrindt und der von Parteivize Dorothee Bär. Beide gehören zu den wenigen CSU-Politikern, denen das Spitzenamt überhaupt zugetraut wird. Oder läuft auch diese Frage am Ende auf Söder hinaus? (dpa)