vor 13 jahren in der taz: deutscher zerstörer vor ex-jugoslawien
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Heute vormittag zerbrechen sich die SPD-Rechtsexperten die Köpfe darüber, wie die Verfassungsklage der SPD gegen den deutschen Marineeinsatz in der Adria aussehen soll. Fraktionschef Hans-Ulrich Klose erwartet „heftige Diskussionen“. Der Zerstörer „Bayern“ wird dann bereits vor der Küste des ehemaligen Jugoslawien patrouillieren. Das Schiff ist gestern aus dem Hafen von Bari ausgelaufen.

Die Fraktionsführung der SPD hält daran fest, nach Karlsruhe zu gehen. Ein Einsatz der Bundeswehr zur Blockadeüberwachung sei eine sehr bedeutsame Frage, so Klose, die nicht in einer rechtlichen Grauzone bleiben dürfe. Es wäre ihm lieber, wenn die Klärung im Bundestag erfolgen könne. Dafür gäbe es aber nicht die nötige Zweidrittelmehrheit, es sei denn, die SPD würde auf den Regierungskurs einschwenken. Deshalb sei der Gang nach Karlsruhe notwendig.

Als „absolut verrückt, blödsinnig“ bezeichnete Klose den Einsatz in der Adria. Die Überwachung des UN-Embargos gegen Serbien und Montenegro könnte auch über Satelliten erfolgen. Ohnehin komme der Nachschub nicht über See, sondern vor allem über die Donau. Klose wiederholte, daß die Möglichkeiten, auf das Nato-Partnerland Griechenland einzuwirken, politisch nicht ausgeschöpft seien. Griechenland beliefere Serbien vermutlich trotz des UN-Boykotts.

Wie die stellvertretende FDP- Vorsitzende Irmgard Schwaetzer ankündigte, werden die Koalitionsparteien einen gemeinsamen Vorschlag für eine Grundgesetzänderung einbringen, die Bundeswehreinsätze außerhalb des Nato-Gebiets ermöglichen soll. Über Blauhelmeinsätze hinaus müßten auch militärische Friedenseinsätze möglich sein, wenn sie auf Beschlüssen des UN-Sicherheitsrates beruhten und vom Bundestag gebilligt würden. Die Teilnahme der Bundesmarine an der Adria-Überwachungsaktion sei nicht nur vom Grundgesetz gedeckt, sondern auch ein Signal für die Menschen im früheren Jugoslawien. Tissy Bruns, 21. 1. 1992