wortwechsel
: Los, Bäumchen pflanzen!Und alles wird wieder gut

Viel konsumieren, SUV fahren? Okay – aber bitte auch spenden für die Umwelt. Das schrieb Bernward Gesang in der taz. Gute Idee? Klingt nach Ablasshandel, antworten taz-LeserInnen

Treffen sich sieben Schaufeln ... Baumpflanzaktion der Initiative aufbuchen e. V. in Berlin-Buch Foto: Stefanie Loos

„Konsumverzicht hilft nicht weiter: SUV fahren – und spenden. Für den Klimaschutz bringt es wenig, den Konsum einzuschränken, findet Philosoph Bernward Gesang. Besser sind Spenden“,

taz vom 4. 1. 21

Das ist frech

SUV-fahren zur Weltenrettung? Man muss wohl Philosoph sein, um auf so eine Idee zu kommen. Wir feuern das System noch mal richtig an, dann bringt es uns – in hoffentlich naher Zukunft – die Lösung für die Probleme, die es verursacht? Glücklicherweise hat uns das System maximaler Ausbeutung des Planeten genug Wohlstand beschert, um mit einem Taschengeld nebenbei noch die retten zu können, die bislang unter unserem Neokolonialismus gelitten haben? Die Idee, uns von unseren Sünden freizukaufen, weil wir die Mittel dazu haben, ist schon frech. Und spiegelt unsere Einstellung zur Gemeinschaft. Man solle keine ineffizienten Strategien im Umgang mit der Klimakatastrophe propagieren, da das motivationszerstörend sei? Ich bin gespannt, ob sich ausreichend SUV-Fahrer motivieren lassen, an brasilianische Bauern zu spenden, damit die den Dschungel nicht mehr abfackeln. Spenden und Spaß? Der Spaß wird sein, mit dem Geld (das auch bislang nicht gespendet wurde), eine TUI-Reise zu buchen. Alexander Dathe, Siegen

„Krümel auflesen“

Ich halte die hier propagierte Strategie, „Du brauchst dich nicht ändern“ (willst du/schaffst du ja eh nicht), aber bitte bisschen was spenden!“ für keinen guten Plan. Kommentomat auf taz.de@Kommentomat Und ich halte es für einen sehr schlechten Plan, den Normalos mit Mini-Einsparungen das Leben schwerzumachen, aber die größten Verschmutzer mit ihren schwimmenden Müllverbrennungsanlagen und die Seeschifffahrt noch nicht einmal im Pariser Abkommen zu erwähnen. Die UN-Gruppe der Billigflaggenländer ist ein Gangsterverein, was Klima-, Umwelt- und Arbeitsschutz sowie Steuergerechtigkeit angeht. Wenn man die dicksten Brocken nicht wegräumen will, ist das Krümel-Auflesen eine Lächerlichkeit! Audi300000km auf taz.de

SUV-Profil(-neurose)?

Mit seiner Ansicht passt Herr Gesang wunderbar in das Profil der SUV-Fahrer/innen, für die er eine Lanze bricht. Mit seinen 52 Jahren passt er genau auf das Profil eines RAV4-Fahrers und ist nur ein Jahr zu alt für den in Deutschland 2019 zweitmeist verkauften SUV Tiguan. Ein SUV verbraucht circa 18 Prozent mehr als ein Vergleichsfahrzeug. Wie der MDR berichtet, wird jeder zweite SUV von jemandem aus der Altersgruppe 50 bis 70 Jahre gefahren. +2°C sind spätestens in 20 Jahren erreicht. Bei einer mittleren Lebenserwartung von 78,6 bzw. 83,4 Jahren haben Herr Gesang, die meisten Fahrer/innen von SUVs und unser Bundeskabinett mit dem durchschnittlichen Alter von 56 Jahren nicht mehr allzu lange unter den dann herrschenden Klimabedingungen zu leiden. Jörg Ho, Kassel

Regulierendes Element

Philosoph Bernward Gesang hat hier eine bemerkenswerte Idee ausgearbeitet. Das wahrscheinlichste Szenario der Entwicklung unseres Energieverbrauchs kennt nur eine Richtung: einen immer weiter sich beschleunigenden erhöhten Verbrauch. Dies ist unvermeidlich, es ist unzweifelhaft. Das Konzept von Bernward Gesang ist in dieser Entwicklung ein regulierendes Element.

Heinrich Peter Maria Radojewski auf taz.de

Hyperkapitalismus

Das ist nur eine konsequente Weiterführung des Hyperkapitalismus im grünen Gewand. Irgendwie wird mir schlecht bei so viel Selbstgerechtigkeit. Ebenso wie bei der wahnwitzigen Idee des Emissionshandels. Können die konsumsüchtigen Wohlstandsbratzen in der sogenannten Ersten Welt nicht auch mal auf was verzichten? Offenbar nicht – trotz steigender Alters- und Kinderarmut direkt nebenan. Immer schön ausblenden und noch was bestellen! Ist ja gegen den Klimawandel! LOL! Nanette Lohmann, Landstuhl

Menschen sind so

Glückwunsch, eine gute Analyse und ein guter Rat zum Klimaschutz. Ich habe beruflich täglich mit Menschen von 16 bis 96 Jahren zu tun (Hausarzt). Somit kann ich bestätigen, dass die Mehrheit (egal aus welchem „Lager“) nur zu gerne das aufgibt, was am wenigsten schmerzt. PS: Wieso hat eigentlich bei den ständigen Attacken auf SUV-Fahrer niemand die „Mini“-Busse oder „Familien-Vans“ im Auge? Diese sind teilweise länger als die meisten SUVs, haben zum großen Teil eine ähnliche Motorisierung und sind umwelttechnisch gleichwertig diskutabel. DocCologne auf taz.de

Einlull-Botschaft?

Sehr geehrter Herr Bernward, stellen Sie sich vor, Sie wachen am Morgen auf, betrachten jedes Ding auf dieser Erde und überall steht drauf: „Ich bin klimaneutral.“ Oder: „Du kannst mich kompensieren mit ...“ Vom Wackelpudding bis zur Kreuzfahrt. Das heißt, der CO2-Ausstoß von 9 Milliarden Menschen hat keinen Einfluss mehr auf die Klimabilanz des Planeten, den sie bevölkern? Genau das ist die Einlull-Botschaft, die uns das (Konsum-)Wirtschaftssystem vermitteln will. Was hat das Klimastaatsversagen damit zu tun, mein eigenes Handeln nicht zu hinterfragen oder gar zu ändern? Vielleicht müssen Sie philosophisch nochmals neu ansetzen. Florian Müller, Kriftel

Es freut sich: Ihr ADAC

„Ein Auto zu kaufen, es 75.000 Kilometer zu fahren und dann zu verschrotten, verursacht etwa 20 Tonnen CO2, so der ADAC.“ Liebe taz – ich hätte von euch angenommen, dass ihr die unvollständige Information eines Autofahrerverbandes nicht uneingeordnet übernehmt. Was diese Info unterschlägt, sind die circa 70 Tonnen CO2 für Materialien und Ressourcen der Produktion dieses Autos – vom Transport bis zu Vertrieb und Marketing mal ganz abgesehen.Linda Mieleck, Bielefeld