corona in hamburg
: „Wohnzimmer-Atmosphäre fällt weg“

Foto: pritvat

Albert Hovers

56, ist Koch und arbeitet seit über zehn Jahren bei La Cantina. Er leitet die Stadtteilküche.

Interview Finn Starken

taz: Herr Hovers, wie geht es Ihren Stammgästen während des Lockdowns?

Albert Hovers: Seit dem zweiten Lockdown dürfen wir im Speisesaal keine Gäste mehr bedienen. Das trifft einsame Menschen, die gerne zu uns kommen, besonders hart. Ihnen fehlt es, mit den anderen klönen und beisammen sitzen zu können – diese „Wohnzimmeratmosphäre“ fällt komplett weg.

Was genau ist denn die La Cantina?

La Cantina ist eine Stadtteilkantine in ­Ottensen. Hier kochen drei Festangestellte und Langzeitarbeitslose gemeinsam. Für Langzeitarbeitslose kann La Cantina ein erster Schritt zu einer festen Anstellung sein. Die Mahlzeiten verkaufen wir mittags meist an Rentner und die Menschen, die in der Umgebung wohnen – jeder darf kommen. Wer weniger Geld hat, zahlt für das Essen ein bisschen weniger; wer mehr Geld verdient, etwas mehr. Die Einnahmen wandern abends in unsere Suppenküche. So können wir obdachlose Menschen für 50 Cent mit einem warmen Essen versorgen.

Wie hat die Pandemie das Miteinander in der Stadtteilküche verändert?

Wir haben viel weniger Teilnehmer. Dadurch kochen wir weniger und die Mitarbeiter haben weniger zu tun. Corona hat auch dazu geführt, dass die obdachlosen Menschen ihre Mahlzeiten nun draußen auf der Straße essen müssen. Wir können ihnen keinen warmen Platz mehr anbieten.

Welche Auswirkungen haben die Beschränkungen für die Mitarbeitenden?

Viele haben kleine Kinder, die sie im Lockdown betreuen müssen. Sie können nicht arbeiten und sitzen zu Hause. Andere haben Vorerkrankungen und können nicht mehr zur Arbeit kommen, weil es für sie zu gefährlich ist. Wir alle kochen mit Mund-Nasen-Bedeckungen, was die Arbeit zusätzlich erschwert. Aber wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen.

Mit dem Impfstoff steigen die Chancen, zum normalen Betrieb zurückkehren zu können. Wie bewerten Sie die bisherigen Maßnahmen?

Ich hoffe, dass sich jeder impfen lässt, damit wir die Pandemie hinter uns lassen können. Es ist wichtig, dass Obdachlose die Möglichkeit bekommen, im Warmen zu essen. Doch auch bei 1,5 Meter Abstand würden wir keine 20 Menschen gleichzeitig empfangen können – dabei betreuen wir über 200 Menschen. Für unsere Kunden ist es entscheidend, ihre sozialen Kontakte wieder aufzunehmen und nicht alleine essen zu müssen.