Der Norden sieht schwarz-gelb

BUNDESTAGSWAHL Der Wahlsieger in den norddeutschen Bundesländern ist die FDP, die flächendeckend zweistellige Ergebnisse einfährt. Auch Grüne und Linke legen deutlich zu, CDU und SPD verlieren

„Jeder weiß, dass die Gemeinsamkeiten in der Großen Koalition erschöpft waren“

Die FDP ist der große Sieger der Bundestagswahl und auch der in Norddeutschland. In allen vier Bundesländern erreichen die Liberalen nach ersten Prognosen deutlich zweistellige Ergebnisse. Zuwächse ebenfalls im zweistelligen Bereich verzeichnen außerdem die Grünen und die Linke.

Die beiden großen Volksparteien CDU und SPD fahren flächendeckend schwere Verluste ein. Hochrechnungen der Bundestagswahl für die einzelnen Länder lagen bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht vor.

Der niedersächsische SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner hat mit Entsetzen auf das schlechte Abschneiden der SPD reagiert. „Das ist eine schwere Niederlage“, sagte er. Die SPD müsse nun schauen, wie sie den Charakter als Volkspartei erhalten könne. Der niedersächsische Landeschef der Linken, Diether Dehm, zeigte sich zufrieden über das starke Abschneiden seiner Partei bei der Bundestagswahl. „Das ist superschön“, sagte er. Die SPD habe alles getan, um ihre Wähler zu verschrecken. Als „Sensation“ hat der Spitzenkandidat der Hamburger Linken, Jan von Aken, das gute Abschneiden seiner Partei bezeichnet. Er habe mit einem Stimmenanteil von mehr als zehn Prozent gerechnet, aber nicht mit voraussichtlich über zwölf. Für die Linke sei es auch im Norden bisher ein „Super-Wahljahr“ gewesen: „Ich glaube, man kann sagen: Die Linke ist gekommen, um zu bleiben.“

Enttäuscht zeigte sich Krista Sager, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag und Spitzenkandidatin in Hamburg. „Mit großer Sorge“ sehe sie eine schwarz-gelbe Koalition, in der die Liberalen wegen ihres guten Ergebnisses am Ende „den Marsch vorgeben“. Dadurch drohten längere Laufzeiten für Atomkraftwerke und der Abbau von Arbeitnehmerrechten: „Das kann kein Grund zur Freude sein“, findet Sager.

Bundesfamilienminister Ursula von der Leyen (CDU) hat sich erleichtert über das gute Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl geäußert. „Es war nicht einfach, ausgehend aus einer Großen Koalition, aber wir haben es geschafft, stärkste Kraft zu werden“, betonte die Spitzenkandidatin ihrer Partei in Niedersachsen war. „Jeder weiß, dass die Gemeinsamkeiten in der Großen Koalition am Ende erschöpft waren.“ Es sei der Union gelungen, ihre Stellung als Volkspartei zu halten.

Das Interesse an der Bundestagswahl hielt sich im Norden in Grenzen. In Hamburg haben sich mit rund 70 Prozent der Wahlberechtigten etwa 7,5 Prozentpunkte weniger als 2005 beteiligt. Auch in Niedersachsen und Bremen war die Beteilung deutlich geringer als 2005. In Niedersachsen dürfte sie nach ersten Prognosen bei etwa 70 Prozent der knapp 6,2 Millionen Wahlberechtigten liegen und damit etwa 5 Prozent tiefer als im Jahr 2005. In Bremen gehen Schätzungen von etwa 60 Prozent Wahlbeteiligung aus.

SVEN-MICHAEL VEIT