Hertha noch schlechter als die SPD

1. BUNDESLIGA Ein Desaster erlebt Hertha BSC beim Sonntagsspiel gegen die TSG Hoffenheim. 1:5 verliert die „Schießbude“ der Bundesliga gegen die Süddeutschen. Als Wahlergebnis wären das 17 Prozent

HoffenheimHertha: 5:1 (3:1)

Tore: 1:0 Ibisevic (1.), 2:0 Ibisevic (4.), 3:0 Ibisevic (21.), 3:1 Raffael (45.+1), 4:1 Obasi (58.), 5:1 Carlos Eduardo (62./Foulelfmeter)

Das Verlierer-Team: Ochs - Janker, Friedrich, Bengtsson, Pejcinovic - Piszczek, Hartmann, Dardai, Nicu - Raffael - Ramos

AUS SINSHEIM TOBIAS SCHÄCHTER

Timo Ochs hat sich wirklich gefreut auf diesen Sonntag in Sinsheim. Immerhin 28 Jahre alt musste der am 17. Oktober 1981 in Göttingen geborene Torwart von Hertha BSC werden, bis er sein Debüt in der Fußball-Bundesliga vor Augen hatte. Ein neuer Karriereschritt für den Torwart und die Wende für seine ans Tabellenende gefallene Hertha sollte das Spiel gestern bei der TSG 1899 Hoffenheim werden.

Hattrick für Ibisevic

Doch bereits nach drei Minuten Spielzeit hatte sich die Vorfreude bei dem vor der Saison von Austria Salzburg an die Spree gewechselten Ochs in tiefen Frust verwandelt. Zweimal musste er den Ball da schon aus dem Hertha-Tor holen und die Hoffenheimer Fans feierten die Wiedergeburt des zweifachen Torschützen Vedad Ibisevic (1; 3.). Nach 21 Minuten durfte Ibisevic seinen ersten Hattrick in der Bundesliga bejubeln, zum letzten Mal hatte der Bosnier am 5. Dezember in München ins Tor getroffen. Ein Kreuzbandriss hatte ihn die gesamte Rückrunde der vergangenen Saison zum Zuschauen gezwungen. Am Ende ging Hertha mit 1:5 (0:3) unter, bleibt Tabellenletzter und Trainer Lucien Favres Verbleib in Berlin wird immer fraglicher.

Dabei hatte sich die Hertha so viel vorgenommen und seit Freitag ein Trainingslager im nordbadischen Bad Schönborn bezogen und dem Trainer Favre und Mental-Coach Dirk Gratzel den Spielern in 25 Einzelgesprächen und Teamsitzungen ihre Stärken klar gemacht. Zu sehen war gestern aber eine komplett verunsicherte Elf, die mit dem Ergebnis noch gut bedient war. Raffaels Freistoßtor kurz vor der Pause war die einzige gelungene Aktion der Berliner. Obasis 4:1 (58.) und Carlos Eduardos Elfmetertor nach Steins sinnlosem Foul an Ibisevic (62.) waren Ausdruck der völligen Überlegenheit Hoffenheims gegen überforderte Berliner.

„Schießbude Hertha“

Die Hoffenheimer sind derzeit wieder in der Verfassung, in der sie in der letzten Vorrunde die Herbstmeisterschaft feierten. „Schießbude Hertha“ und „Ihr wollt unsere Hauptstadt sein“, sangen die Hoffenheimer Fans mit offener Häme, die TSG 1899 rückt nach dieser Gala-Vorstellung sogar auf Platz 3 der Tabelle vor.

In Berlin bleibt nach diesem peinlichen Auftritt nur die Frage, wie diese Mannschaft und ihr Trainer die Wende überhaupt noch schaffen wollen. Hoffenheims Ralf Rangnick konnte sich sogar den Luxus leisten, Ibisevic und den überragenden Eduardo unter tosendem Applaus vorzeitig vom Platz zu holen (67.; 73.). Es war ein demütigender Abend für die Hertha in Nordbaden, vier Tage vor dem Europa-League-Spiel bei Sporting Lissabon präsentierten sich die Berliner in desolater Verfassung. Ohne die Mittelfeldspieler Gojko Kacar (auf der Bank) und den kurzfristig ausgefallenen Patrick Ebert ergab sich die Hertha in ihr Schicksal, als sei sie auf Saisonabschlussfahrt.

Doch die Runde ist erst sieben Spieltage alt und die meisten Hertha-Fans verließen schon 20 Minuten vor Abpfiff ihren Block. Besonders enttäuschend neben der ganz schwachen Abwehrleistung war auch die Leistung des vor vier Wochen verpflichteten kolumbianischen Angreifers Adrian Ramos. Es ist schon erstaunlich, wie eine Mannschaft, die in der letzten Saison auf dem vierten Platz die Runde abschloss, so auseinanderfallen kann.

Timo Ochs übrigens kann einem nur leidtun dafür, dass er in eine solch desolate Truppe geraten ist. An dem debütierenden Torwart kann niemand dieses Debakel festmachen. Trainer Lucien Favre allerdings muss sich ziemlich unangenehme Fragen gefallen lassen. Ob er Antworten weiß und die Spieler noch erreicht, ist ebenso fraglich.