die dritte meinung
: Trumps Mauerbau erweist sich als ein kostspieliges und schädliches Desaster, analysiert Claus Leggewie

Claus Leggewie

Jahrgang 1950, Leiter des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen, Professor für Politikwissenschaft in Gießen.

Nationalisten sind gut im Grenzenbauen? Nicht einmal das bringen sie zustande. Die Bilanz von Donald Trumps Mauerbau an der mexikanischen Grenze ist in jeder Hinsicht ein totales Desaster: Die Fluchtgründe aus dem Süden haben in Trumps Amtszeit durch Naturkatastrophen und Pandemie, Alltagsgewalt und Bürgerkriege an Dringlichkeit gewonnen. So stieg die Zahl der Flüchtlinge auf einen neuen Höchststand.

Das unsägliche Mauerwerk ist an Inkompetenz und Korruption nicht zu übertreffen. Bauunternehmer haben sich eine goldene Nase verdient, tatsächlich aber wurde der größte Teil der Mauer in Abschnitten errichtet, wo die Grenzübertritte schon gut unter Kontrolle waren, anstatt an den Brennpunkten etwa im Süden von Texas.

Ein großer Teil der vom Kongress bewilligten 15 Milliarden Dollar ist verpulvert worden, der Rest geht, wenn der Mauerbau unter der neuen Administration eingestellt wird, für Entschädigungen und Konventionalstrafen drauf. Schneisen und Zufahrtsstraßen haben ganze Biotope zerstört. Während die Mauer Menschen nicht abschreckte, ist sie für bedrohte Arten wie Jaguar, Ozelot, Antilope und Wildschwein zur Todesbarriere geworden. Die Folgen für Flora und Fauna sind unabsehbar.

In Sachen Menschenrechte kommt der Bau einem Verbrechen nahe. Die Begleitumstände der Flüchtlingshatz haben selbst Republikaner zum Nachdenken gebracht. Und die Mauer war am höchsten, wo sie gläsern war: Sie behindert die Einreise von Arbeitskräften und Studierenden, die Unternehmen und Universitäten dringend benötigen.

Last, but not least ist das Ansehen der USA, die einst als Hafen für Asyl und Arbeit suchende Menschen galten, endgültig dahin. Das Scheitern der Mauer ist ein Symptom: Das Land ist zur Bananenrepublik verkommen.

Die Selbstabschottung durch Zölle hat im Bumerangeffekt mehr Arbeitsplätze gekostet als gebracht. Und doch sind im November 2020 noch mehr AmerikanerInnen Trumps Versprechen, Amerika wieder groß zu machen, auf den Leim gegangen.