schwabinger krawall: hundskrüppel und katzenkot von MICHAEL SAILER
:

Wer die Idee gehabt hat, ist hinterher nicht mehr festzustellen: Der Kevin meint, es war der Solkan, und er habe gleich gewusst, dass das einen Riesenaufstand gibt. Der Solkan sagt, es war der Kevin, weil er so was nicht macht.

Jedenfalls haben die Jungen der alten Frau Reibeis eine Obsttüte voller Katzenkot vor die Wohnungstür gelegt, sie angezündet, sind die Treppe hinuntergerannt, haben geklingelt und gesagt: „Ihr Waschvollautomat ist da!“ Weil Frau Reibeis von einem Waschvollautomaten nichts gewusst hat, wollte sie die Treppe hinunterrumpeln, hat den Brandherd entdeckt und mit einem entschlossenen Fußtritt gelöscht. Dabei ist ihr aufgefallen, dass sie in einem Haufen Katzendreck steht, und darüber hat sie sich so aufgeregt, dass sie ihren Hausschuh ausgezogen und mitsamt der Tüte mit der Kehrschaufel aus dem Treppenhausfenster geworfen hat. Drunten im Hof haben die zwei Jungen hinter der Aschentonne gekauert und sich diebisch gefreut.

Dann ist Herr Reithofer in den Hof gekommen, mit dem Hund von seiner Schwägerin, auf den er während deren Sommerurlaub aufpassen muss. Der Hund hat den Katzenkot gesehen, ist sofort hingestürmt und hat sich darin gewälzt, obwohl Herr Reithofer „Aus!“ und „Pfui!“ geschrien hat. Und da hat er die zwei Jungen hinter der Aschentonne gesehen und gebrüllt, er haue ihnen beim nächsten Mal die Leine um die Ohren, um sich gleich zu korrigieren, dies geschehe nicht beim nächsten Mal, sondern sofort.

Die alte Frau Reibeis, die nachschauen wollte, wo ihre Kehrschaufel hingeflogen ist, hat die Szene vom Fenster aus verfolgt, „Hundskrüppel!“ geplärrt und die Jungen gemeint, was Herr Reithofer aber in den falschen Hals gekriegt und deswegen gebrüllt hat, es gehe sie überhaupt nichts an, was hier geschehe, und verdattert sei sie noch dazu.

Von dem Geschrei sind andere Hausbewohner aufmerksam geworden, unter anderem die Mama vom Kevin, die ihren Lebensgefährten ans Fenster gerufen hat, und der wiederum hat gebrüllt, es handle sich hier um Kindesmisshandlung, und Herr Reithofer mache sich strafbar. Wie der Kevin den Onkel Rainer gesehen hat, ist ihm mulmig geworden, aber bei seinem Fluchtversuch hat er sich in der Hundeleine verheddert, ist hingeflogen und hat Herrn Reithofer zu Fall gebracht, der in der Katzendrecktüte gelandet und noch viel wütender geworden ist.

Auch Tiermisshandlung sei strafbar, hat Frau Reibeis geschrien, und Beleidigung sowieso. Onkel Rainer ist dann in den Hof gestürmt, Herr Reithofer hat ihm eine geschmiert, die Mama hat dem Kevin eine geschmiert, Onkel Rainer Herrn Reithofer, dieser dem Solkan, woraufhin er von dessen Vater so richtig eine gefangen und hinterher behauptet hat, das Wort „Kanake“ gehöre überhaupt nicht zu seinem Wortschatz. Frau Reibeis hat Herrn Reithofer die Kehrschaufel auf den Kopf gehauen, worauf sie der Hund ins Schienbein gebissen und Frau Reithofer zu weinen angefangen hat, ebenso wie der Kevin und der Solkan.

Dass es dann ein Gewitter mit Hagelsturm gegeben hat, war im Endeffekt ein Glück, weil bei dem Krach niemand mehr ein Wort verstanden hat und alle ins Haus rennen mussten.