Minister entgeht Anschlag

AFGHANISTAN 4 Zivilisten bei Attentat in Herat getötet und 17 verletzt. Oberster Befehlshaber der US- und Nato-Truppen fordert mehr Soldaten

DELHI taz | Ein Selbstmordattentäter hat am Sonntag nur knapp Afghanistans Energieminister Ismael Khan verfehlt. Der Attentäter zündete in der westafghanischen Stadt Herat seinen Sprengsatz in einem Auto, als der Konvoi des Ministers vorbeifuhr. Vier Zivilisten kamen ums Leben, mindestens 17 wurden dabei zum Teil schwer verletzt. Ein Taliban-Sprecher übernahm die Verantwortung für die Attacke.

Die Zahl der Angriffe auf Regierungs- und Behördenvertreter hat in diesem Jahr massiv zugenommen. Mehr als 100-mal schlugen Militante zu. In der Hälfte der Fälle kamen die Opfer ums Leben. Der Anschlag auf Khan, der früher Gouverneur von Herat war, zeigt erneut, wie schlecht es um die Sicherheitslage in Afghanistan steht.

Auch deswegen hat nun der oberste Befehlshaber der US- und Nato-Truppen in Afghanistan, General Stanley McChrystal, weitere Truppen angefordert. Um wie viele weitere Soldaten er Washington gebeten hat, ist nicht bekannt. Beobachter gehen aber davon aus, dass er bis zu 40.000 weitere Kämpfer fordert.

Derzeit sind in Afghanistan rund 100.000 Soldaten aus 40 Staaten stationiert. Die USA stellen 68.000. Seit Jahresanfang hatte US-Präsident Obama ihre Zahl um mehr als 20.000 erhöht. Die Obama-Regierung möchte sich jedoch laut ersten Berichten zu der Anfrage erst äußern, wenn sie ihre neue Afghanistan-Strategie vorgestellt hat.

McChrystals Anfrage kam nicht überraschend. Vor einer Woche hatte die Washington Post Auszüge aus einem Geheimbericht veröffentlicht, den der General Ende August an die Regierung in Washington übergeben hatte. Darin fasst er seine Einschätzung der Lage zusammen: „Sollte es innerhalb der kommenden 12 Monate (…) nicht gelingen, die Wucht des Aufstandes umzukehren, könnte das in der Folge bedeuten, dass es nicht mehr möglich sein wird, den Aufstand niederzuschlagen.“

Damit bestätigt McChrystal, was Beobachter seit geraumer Zeit feststellen: Der Einflussbereich der Taliban weitet sich kontinuierlich aus. Immer mehr gewöhnliche afghanische Bürger schließen sich den Militanten an und kämpfen gegen die ausländischen Truppen. Den Grund sehen viel Analysten in der derzeitigen Strategie, die sich stark auf Luftschläge konzentriert. Dabei kommen immer wieder Zivilisten ums Leben. Erst Anfang des Monats starben bei einem von der Bundeswehr in Auftrag gegebenen Luftschlag in der Nähe der Stadt Kundus mehr als 90 Menschen, die meisten von ihnen Zivilisten. SASCHA ZASTIRAL