Der Platzeck-Faktor

Die Sozialdemokraten mit Ministerpräsident Matthias Platzeck bleiben stärkste Partei. Rechtsextreme ziehen nicht in den Landtag ein – dies gelang hingegen den Grünen und der FDP

AUS POTSDAM STEFAN ALBERTI

Die Bundespartei stürzte zweistellig ab, doch er hat es für die SPD in Brandenburg wieder einmal herausgerissen. Noch nicht einmal seinen Namenszug hatte Matthias Platzeck dafür nötig, bloß „Der Brandenburger“ hatte der Ministerpräsident auf seine Wahlplakate schreiben lassen. Das brachte der SPD nach einer ersten ARD-Hochrechnung gegen 19.10 Uhr 31,5 Prozentpunkte, knapp einen halben Prozentpunkt weniger als bei der verganenen Wahl 2004. Das ist für die in den Neunzigerjahren mit absoluter Mehrheit regierenden Sozialdemokraten zwar das schlechteste Ergebnis seit der Wende, aber viel besser als das ihrer Partei SPD auf Bundesebene. Bereits 2004 hatte Platzeck seine Partei gegen alle Hartz-IV-Proteste quasi im Alleingang zum Wahlsieg geführt.

Zweitstärkste Partei wurde erneut die Linkspartei. Ihre 27,9 Prozentpunkte in einer ersten Prognose entsprechen fast exakt ihrem Resultat von vor fünf Jahren. Wiederum nur auf dem dritten Platz landete die CDU, die sich allerdings gegenüber ihrem katastrophalen Ergebnis von vor fünf Jahren um knapp 2 Prozentpunkte auf 21,3 Prozent verbessern konnte.

Großer Jubel brandete kurz nach 18 Uhr in Potsdam bei Liberalen und Grünen auf. Beide ziehen nach dem Stand bei Redaktionsschluss erstmals seit 1994 wieder in den brandenburgischen Landtag ein. Die FDP erreichte demnach 7,9 Prozent, mehr als doppelt so viel wie beim vergangenen Mal. Knapper war der Ausgang für die Grünen, die bei 5,4 Prozent lagen, gegenüber 3,6 im Jahr 2004. Sie hatten mit deutlich mehr gerechnet. Spitzenkandidat Axel Vogel hatte getönt, das Ergebnis der Thüringer Grünen von 6,2 Prozent und sogar das Brandenburger Europawahlergebnis von 8,4 Prozent übertreffen zu wollen. Am Wahlabend war die Partei dennoch zufrieden – zwei Umfragen hatten sie zuletzt bei nur 4 Prozent gesehen.

Die Rechten sind künftig nicht mehr im Landtag vertreten: Die DVU, die 2004 noch auf rund 6 Prozent kam, rutschte jetzt auf 1,0 Prozent ab.

Trotz des Erfolgs auf Landesebene hielt sich der Jubel bei der SPD in Grenzen, als bei ihrer Wahlparty in einem Kino in Potsdam-Babelsberg die Ergebnisse über den Bildschirm liefen. Zu sehr schockte das katastrophale Ergebnis der Partei auf Bundesebene, wo sie in zweistelliger Höhe verloren hatte. Da mochte der Brandenburger SPD-Generalsekretär Klaus Ness in einer ersten Stellungnahme das Resultat „ein sehr, sehr gutes“ nennen – das Bundesergebnis überschattete alles.

Es passte zur Stimmung im Kino, als bei einem Kurzbesuch von Platzeck ein Glas umfiel und hörbar splitterte. „Das bringt ja Glück“, sagte der Ministerpräsident und SPD-Landeschef, der das Land seit 2002 regiert.

Mehrere führende Sozialdemokraten erinnerten daran, dass sie immer von einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Linkspartei gesprochen hätten. Wie entscheidend der Platzeck-Faktor für die SPD im Land war, zeigte sich, als die Brandenburger Ergebnisse bei der Bundestagswahl auf den Bildschirm kamen. Dort rutschte die SPD um mehr als 9 Punkte ab und lag hinter der Linkspartei.

Welche Koalition das Land in den nächsten fünf Jahren regiert, blieb wie im Wahlkampf auch am Sonntagabend offen. Allein ein Wahlsieg der Linken hätte jegliche Spekulationen beendet: Ein solches Resultat hätte automatisch zu einer Neuauflage von Rot-Schwarz geführt, denn die SPD hatte deutlich genug gemacht, dass sie nicht als Juniorpartner einer rot-roten Regierung zur Verfügung stünde. So aber haben die Sozialdemokraten, die ohne Koalitionsaussage in die Wahl gegangen waren, weiter zwei Optionen – und damit ein Druckmittel für die Koalitionsverhandlungen.

Die Spitzenkandidatin der Linkspartei, Kerstin Kaiser, drängte die SPD zu Rot-Rot: „Jetzt muss Platzeck mutig sein. Jetzt kann er mit uns mehr soziale Gerechtigkeit in dieses Land bringen“, sagte sie.