wortwechsel
: Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit

Von Maradona und den Frauen bis zum immerwährenden Kampf um Gleichberechtigung. Proteste im Dannenröder Forst. Und wie wird Weihnachten mit Corona?

Protest der Ü60 für Wasser und Wald Foto: Ursula Bernbeck

Dannenröder-Forst-Proteste

„Erneut Aktivistin abgestürzt“, taz vom 21. 11. 20

Ü 60 für Wasser und Wald – unter diesem Motto demonstrierten am vergangenen Samstag in den frühen Morgenstunden fast 50 Senioren aus den Dörfern des westlichen Vogelsbergs. Viele über 60 Jahre, etliche auch weit über 70, bildeten eine Sperrlinie auf der Trasse, sangen das Lied der Puhdys „Alt wie ein Baum“, und verlasen eine Erklärung für „Reden statt Roden“ und den Erhalt des Wasserschutzgebiets und Dauerwaldes Dannenröder Forst – wo im Gleental Viehbeweidung im Wasserschutzgebiet Landwirte zur Aufgabe gezwungen hat, jetzt aber Brückenpfosten 20 Meter tief in die wasserführenden Bodenschichten gerammt werden sollen.

Mehrere Stürze und ein verstauchter Knöchel zeigten schließlich, dass die Senioren der wenig zimperlich eingreifenden Polizei nicht standhalten konnten. Die eine Hälfte der Demonstrierenden wurde in den seitlichen Wald weggedrängt, die andere zum nächsten Baumhaus geschoben, wo kurze Zeit später eine junge Frau aus mindestens vier Metern Höhe abstürzte und sich schwere Verletzungen zuzog.

Ursula Bernbeck, Bad Salzschlirf

Solidarische Vernunft

„Ruhephase bis Weihnachten“, taz vom 26. 11. 20

Ja, nehmen wir es wahr, nehmen wir es ernst und lesen wir zwischen den Zeilen: Verbot oder Empfehlung – darauf kommt es schließlich nicht an: Je zurückhaltender wir Weihnachten und Silvester verbringen, desto eher und länger können wir alle miteinander im neuen Jahr die „Sau rauslassen“, gesichertere und längerfristige Perspektiven entwickeln.

Solidarische Vernunft muss das ausschlaggebende Impfmittel der Stunde sein. Und selbstverständlich war, ist und bleibt das Recht auf eine dem Menschen ­größtmögliche Freiheit, welches wir derzeit ­gefährdet sehen, immer an die gemeinsame Einsicht einer demokratischen Gesellschaft in das Notwendige gebunden; ganz gleich, ob diese grundsätzliche Erkenntnisformel der aufgeklärten Weitsicht nun von Hegel, Engels oder Meier, Müller, Schulze stammt.

Matthias Bartsch, Lichtenau

Vergiftetes Weihnachtgeschenk

„Ruhephase bis Weihnachten“, taz vom 26. 11. 20

Die Bundesregierung hat beschlossen: Vor Weihnachten dürfen sich wegen der Ansteckungsgefahr durch das Coronavirus nur fünf Personen aus zwei Haushalten treffen, selbstverständlich unter Beachtung der Hygieneregeln. Zum Weihnachtsfest dürfen es 10 Personen sein, sozusagen als Weihnachtsgeschenk.

Das bedeutet bei vermutlich gleichbleibender Coronalage eine erhebliche Erhöhung der Ansteckungsgefahr bei solchen Treffen mit Großeltern, Enkeln und anderen Personen. Weil Weihnachten so ein wichtiges Fest der Begegnung ist.

Das Virus feiert aber nicht Weihnachten. Man nimmt also aus nachvollziehbaren, aber nicht rationalen Gründen ein erhöhtes Ansteckungs­risiko in Kauf und damit mehr Schwerkranke auf Intensivstationen sowie mehr Tote.

Dieses Weihnachtsgeschenk ist vergiftet. Regierung, nimm es zurück! Wir Familien, wir Senioren werden uns treffen, wenn wir uns wieder sicherer fühlen dürfen.

Ich feiere mit Frau und einer von drei Töchtern – mit Mundschutz und Abstand.

Lutz Kypke, Korschenbroich

Wenn der Wind weht

„Europas Luft tötet weniger Menschen“, taz vom 24. 11. 20

Die frohe Botschaft ist wohl etwas übereilt. Wenn auch Feinstaub und Stickoxide zurückgegangen sein sollen, so trägt die Landwirtschaft seit der Intensivierung und Einführung der chemischen Düngung in immer stärkerem Maße zur Emission von Luft- und Klimaschadstoffen bei.

Besonders die Pestizide können vom Wind kilometerweit transportiert werden, wie eine neuere Studie herausfand. Da sich zudem immer unterschiedliche Pestizide gleichzeitig in der Luft befinden, die sich in ihrer Wirkung gegenseitig beeinflussen können, kommt es zu einem sogenannten „Cocktail-Effekt“.

Selbst Pestizide, die seit 40 Jahren in Deutschland verboten sind, waren in großen Mengen in der Luft vorhanden, weil deren Abbau sehr lange dauert und sie deshalb Jahre später noch zirkulieren.

Zudem wurde das umstrittene Glyphosat an 55 Prozent der Standortproben festgestellt – es lässt sich also über den Luftweg verbreiten, was bisher ausgeschlossen worden war.

Es wäre also höchste Zeit, dass die Landwirtschaftsministerin das Gesetz zum Verbot der Gifte zur Abstimmung zulässt. Insekten und Schmetterlinge würden es ihr besonders danken.

Helga Schneider-Ludorff, Oberursel

Maradona-Nachruf

„Himmelfahrt des Größten“, taz vom 26. 11. 20

Mein Sohn ist, seit er 5 ist, absoluter Fußballfan. Natürlich hing auch in seinem Zimmer jahrelang ein großes Maradona-Poster. Nun aber lebt er in Argentinien, fußballbegeistert wie eh und je, hat sich aber von Diego M. distanziert. Nach meinem Kenntnisstand aus Argentinien kann ich den Nachruf auf Maradona nicht nachvollziehen. Ich hätte mir ein kritischeres Portrait gewünscht.

Maradona war nicht nur die „übergewichtige, Zigarren rauchende Witzfigur“ und es ist absolut NICHT egal wer er neben dem Fußball war. Er war für viele Frauen ein absoluter Albtraum, hat den Gebrauch von Präservativen den zart Besaiteten überlassen und seine unehelich gezeugten Kinder und ihre Mütter lange nicht unterstützt und nicht anerkannt. Maradona hat in einem Land, in dem fast täglich eine Frau ermordet wird, ebenjenes Thema der sexuellen Übergriffigkeit für salonfähig erklärt. Er war die größte gesellschaftliche Person der letzten fast 45 Jahre in Argentinien aber das macht ihn nicht nicht kritisierbar. Nur weil er der Fußball-Gott war, macht ihn das nicht zu einem guten Menschen, und die kritische Punkte lediglich unter „Zigarre rauchende Witzfigur“ anzusprechen ist unangemessen. Der argentinischen Verklärung sollte die taz sich nicht anschließen. Ich hoffe darauf, dass in der Zukunft die Volksheiligen gerade in der taz weiterhin entsprechend vom Thron gehoben werden, auch post mortem.

Susanne Limmroth-Kranz, Hamburg

25.000 Grippetote

„Später akzeptiert die Gesellschaft eventuell höhere Todeszahlen“, taz vom 16. 11. 20

In Ihrem Interview taucht die Zahl von jährlich 25.000 Grippetoten in Deutschland auf. Wenn man auf der Website des RKI nachschaut, kommt man zu anderen Erkenntnissen: Im Winter 2018/19 waren es 954 Sterbefälle, bei denen begleitend oder ursächlich das Grippevirus nachgewiesen wurde. In der Saison 2017/18, einem besonders schweren Grippeausbruch, waren es 1.674. Nun geht man bei der Grippe von einer gewissen Dunkelziffer aus, weil nicht immer auf den Virus getestet wird. Deshalb rechnet das RKI jährlich einen Wert aus, der dann als die offizielle Zahl an Grippetoten an die Öffentlichkeit gegeben wird: Er liegt bei 25.000. Diese Zahl ist ein rechnerischer Wert, der nach bestimmten Einschätzungen und Algorithmen erstellt wird. Leider wird das in den Medien nicht kommuniziert; für die Leser und Hörer der Medien ist das die nachgewiesene Zahl der Toten durch die Grippe. Viele kommen deshalb zu dem Schluss, dass Corona so schlimm nicht sein kann, vergleicht man mal die Zahlen der Gestorbenen. Doch die sogenannten Corona-Toten sind nur solche mit nachgewiesener Infektion. Damit man sehen kann, dass Corona deutlich gefährlicher ist als die jährliche Grippe müsste man auch erklären, wie die Zahl der Grippetoten zustande kommt... Sonst haben alle Coronaleugner ein leichtes Spiel.

Elisabeth Adloff, Berlin