meinungsstark
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Historische Unkenntnis

„Flaschen- und Böllerwürfe nach Demo“, taz vom 18. 11. 20

Die überzogenen und von Egoismus gezeichneten Verhaltensweisen dieser Corona-Leugner sind inakzeptabel, weil sie den Fortbestand unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts und unserer Demokratie gefährden. Deshalb war das Vorgehen der Polizei auf der Demonstration vor dem Brandenburger Tor auch völlig richtig und angemessen. Es macht mir große Sorge, wenn Demonstranten aus historischer Unkenntnis heraus das jetzige Infektionsschutzgesetz mit dem Ermächtigungsgesetz von 1933 vergleichen. Ich stelle mir deshalb die Frage, ob sich unsere Gesellschaft in einem Bildungsnotstand befindet oder ob die Dummheit und Ignoranz die Meinungsführung zu übernehmen gedenkt.

Thomas Henschke, Berlin

Eine verschenkte Chance

„Feministin zum Pin-up geschrumpft“, taz vom 16. 11. 20

Mary Wollstonecraft, die Vorkämpferin für Frauenrechte Ende des 18. Jahrhunderts: eine kühne, furchtlose, starke Frau. Schön, dass die jetzt mit einem Denkmal gewürdigt wird! Beziehungsweise eher nicht. Denn was ist rausgekommen? Eine fesche junge Nackte, Körperhaltung des Pin-up: steif, hängende Arme, in Wartestellung. Der Kopf wie angeklebt, Gesichtsausdruck zwischen beleidigt und verträumt, Blick gesenkt. Die 75-jährige Bildhauerin, die es wahrlich besser hätte wissen und machen können, behauptet indes, dass sich mit der Statue „eine Frau erhebt, die bereit ist, die Welt herauszufordern“. Ja, das wäre schön und passend gewesen; nur eben lässt das nun ausgestellte Werk all das vermissen. Eine verschenkte Chance. Schade! Gisela Graf, Magdeburg

Höhere Fehlertolerenz

„Rücktrittsrufe werden lauter“, taz vom 16. 11. 20

Frau Giffey wird von allen Seiten wegen ihrer angeblich plagiierten Doktorarbeit angegriffen. DIe Freie Universität Berlin hatte sie zwar für Unsauberkeiten gerügt, aber den Titel nicht aberkannt – warum ist es damit nicht genug? Wir fordern doch auch sonst eine positive Fehlerkultur, in der ein Fehler nicht gleich das Aus sein darf. Insbesondere aber beunruhigt mich, dass offenbar nur Dissertationen von Politiker:innen nachträglich unter die Lupe genommen werden. Jede Doktorarbeit enthält noch Fehler. Wenn das bei Politiker:innen nicht toleriert wird, dürften im Grunde Promovierte nicht mehr in die Politik gehen. Silke Karcher, Berlin