Kamin im Tunnel

Knisterndes Mittel gegen Novemberschwermut

Novemberfeierfoto: dpa

An einem grauen Novembertag wie gestern, der auch ohne das große C schon trüb genug wäre, gibt es gegen die starke Bewölkung draußen am Himmel und drinnen im Hirn nur ein Mittel: Kaminfeuer. Da aber leider im Heimtunnel kein reales Feuer mit echten Scheiten mehr entzündet werden kann, müssen wir zur Beseitigung der Novemberschwermut auf einen virtuellen Trick zurückgreifen: Das iPad wird aufgestellt, Netflix eingeschaltet und eines der angebotenen heimeligen „Kaminfeuer“ für den Bildschirm ausgewählt.

Inzwischen gibt es vier Varianten: das „klassische knisternde in 4k-Ultra-HD“, das „knisternde Birkenholz-Feuer“, das zehn Jahre alte und stets bewährte „Kaminfeuer für Zuhause“ mit Musik und die „Bright Version“ als ultrahippe, junge Hinterhof-Flämmerei aus der Öltonne mit Großstadtgeräuschen, Graffiti und Flattergetier im Hintergrund. Die neonleuchtenden Flammen korrespondieren ganz wunderbar mit zarten Polizeisirenen!

Das ist uns alten Lagerfeuerfreunden allerdings zu modern. Wir bevorzugen das nervenschonende Knistern des Birkenholzes – wie wahrscheinlich auch unsere Seelenverwandten in Schwelm bei Wuppertal, die allerdings am frühen Mittwochmorgen jäh aus der besinnlichen Novemberruhe gerissen wurden, als ein Feuerwehrtrupp mit vierzig Einsatzkräften und voller Tatütata-Kapelle vor dem Haus der Knisterfreunde eintraf, wie die Rauchzeichenagentur dpa gestern meldete.

Eine besorgte Nachbarin hatte den Feuerschein gesehen und einen Notruf abgesetzt. Rasch stellt sich der vermeintliche Brand als Fehlalarm heraus: Auf dem Fernseher war tatsächlich ein flackerndes Kaminfeuer zu sehen. Die Besinnlichkeitssucher aber schalteten ihr Gerät aus, die Feuerwehr zog wieder ab, und alles war wieder gut. Und wir lassen unser Birkenholz ab sofort nur noch ganz leise knistern, damit die Nachbarn nicht auf falsche Gedanken kommen. Knister, knister, Mäuschen, / es britzelt sanft im Häuschen.