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„Die Armen müssen um jeden Cent betteln“

Perry Feth, 55, ist Vater von drei Kindern und arbeitete in einem Leipziger Bürgerverein

„Zwei meiner Kinder leben bei mir, eines bei der Mutter. Die Kinder kennen mich als zwei verschiedene Papas. Wenn ich arbeitslos zu Hause bin und wenn ich arbeite. Deshalb wissen sie, dass es einfacher ist, mit Geld auszukommen, wenn man Arbeit hat.

Ich glaube, dass Bildung wichtig ist, um einen guten Beruf und ein auskömmliches Einkommen zu haben. Deshalb ermutige ich die drei immer, in der Schule fleißig zu sein.

Bis Dezember 2019 habe ich bei einem Bürger:innenverein in Leipzig gearbeitet. Dort habe ich Menschen darüber beraten, welche Leistungen sie beim Jobcenter in Anspruch nehmen können.

Ich bin auch schon lange bei der Erwerbsloseninitiative Leipzig aktiv. Wir betreuen und beraten Leute etwa bei der Antragstellung beim Amt. Deshalb war es für mich leichter, die Prozesse zu verstehen, als ich selbst arbeitslos geworden bin. Man weiß, wie man mit den Behörden umzugehen hat.

Für Menschen, die zum ersten Mal in so einer Situation sind und noch nie zuvor damit zu tun hatten, ist das viel schwieriger.

Wenn man Hartz IV bezieht, sollte man sich grundsätzlich nicht schämen. Ich ermutige alle Menschen, staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen.

Es gibt beispielsweise viele Alleinerziehende, die nicht den Mut haben, Wohngeld zu ­beantragen. Ich finde, die Unterstützung, die es gibt, sollte man für sich und die Kinder nutzen.

Während der Coronapandemie fällt einmal mehr auf, wie die Gelder verteilt sind: Die großen Firmen und Erwerbstätigen bekommen staatliche Förderungen. Die Armen – also diejenigen, die sowieso schon wenig haben – müssen im Prinzip um jeden Cent betteln.

Deshalb lässt sich die Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes sehr kurz zusammenfassen: Es ist ein Witz. Es ist lächerlich.

Alles wird teurer: Fahrkarten, Kleidung, Telefonrechnungen. Was bringen da 14 Euro? Die Politik muss ein deutlicheres Signal senden, dass sie arme Menschen unterstützen will.“

Protokolle: Christina Gutsmiedl