US-Offensive in Sudans Präsidentenpalast

Gegenüber der Delegation von US-Außenministerin Rice wird die Leibwache von Sudans Präsident Beshir handgreiflich

KHARTUM rtr/afp/taz ■ Es war der denkbar schlechteste Auftakt für den ersten Besuch von US-Außenministerin Condoleezza Rice in einem Land, dessen Regierung sie „Völkermord“ vorwirft. Sudanesische Sicherheitskräfte und Offizielle schubsten gestern US-Journalisten und US-Offizielle, die das Treffen von Rice mit Sudans Präsident Omar Hassan al-Beshir in der Hauptstadt Khartum beobachten wollten, beiseite und schlugen ihnen die Türen vor der Nase zu. Rice’s Berater Jim Wilkinson, Rice’s Dolmetscher und die Afrika-Staatssekretärin im US-Außenministerium wurden zunächst gewaltsam daran gehindert, an dem Treffen teilzunehmen, bevor sie den Zugang erzwangen. Eine Fernsehreporterin wurde später weggedrängt, als sie den sudanesischen Präsidenten befragen wollte.

„Es ärgert mich sehr, mit dem Präsidenten zusammenzusitzen, während diese Dinge passieren“, schäumte Rice und verlangte eine Entschuldigung. Die bekam sie während des Weiterfluges aus Khartum in die westsudanesische Krisenregion Darfur. Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte, Rice’s sudanesischer Amtskollege Mustafa Osman Ismail habe sie während ihres Flugs angerufen und die Entschuldigung ausgesprochen.

Rice ist die ranghöchste US-Besucherin in Sudan seit einem Jahr. Sie bekräftigte vor ihrer Anreise die Aussage ihres Vorgängers Colin Powell aus dem Sommer 2004, wonach die Vorgänge in Darfur „Völkermord“ seien. „Die Vereinigten Staaten glauben, dass es Völkermord war und ist“, sagte sie in Senegal, von wo aus sie nach Sudan flog. Sie verlangte „maximale Anstrengungen“ seitens der UNO und der Afrikanischen Union, um die Gewalt in Darfur zu beenden.

Andrew Natsios, der mit Rice reisende Leiter der US-Entwicklungsbehörde Usaid, sagte, es habe keine Fortschritte bei der Entwaffnung regierungstreuer Milizen in Darfur gegeben. Zwar komme mehr humanitäre Hilfe in die Region. Aber der Rückgang der Gewalt sei alleine darauf zurückzuführen, „dass nicht mehr viele Dörfer übrig sind, die abgebrannt und zerstört werden können“. Diese Einschätzung findet sich auch in einem noch unveröffentlichten neuen Darfur-Bericht von UN-Generalsekretär Kofi Annan.

Die USA seien zu einem „Neuanfang“ in den Beziehungen mit dem Sudan bereit, wo die südsudanesischen SPLA-Rebellen in diesen Wochen ihre Posten in der Zentralregierung aufnehmen, sagte Rice. Allerdings äußerte sie Skepsis über die Bereitschaft der Regierung, die Milizen in Darfur zu entwaffnen. D.J.