Lob an die Wahlhelfer und -helferinnen: Die, die wirklich zählen
Die Freiwilligen in den US-Wahllokalen verdienen größte Hochachtung. Sie machen ihren Job, während vor der Tür gegen sie protestiert wird.
Jede Stimme zählt, schon klar. Aber wer außer den „lesenden Arbeitern und Arbeiterinnen“ hat sich je ein Bild davon gemacht, was das wirklich bedeutet? Wer zählt denn eigentlich?
Seit Tagen sieht die ganze Welt Tausenden Freiwilligen in den USA zu, wie sie in Schulen, Turnhallen, Kongresszentren und an anderen schlecht belüfteten Orten mit Masken oder Plastikschilden vor dem Gesicht Wahlzettel aus gelben Kästen holen, Wahlzettel aus Briefumschlägen holen, Wahlzettel glatt streichen, Wahlzettel angucken, Wahlzettel kontrollieren, Wahlzettel erneut kontrollieren, Wahlzettel wieder weglegen.
Sosehr sich die Kollegen und Kolleginnen von CNN die Liebeserklärungen und Hochachtungsbekundungen verdient haben, so sehr hätten sich auch die Auszähler und Auszählerinnen massenweise Liebeserklärungen und Hochachtungsbekundungen verdient. Ich jedenfalls liege diesen Freiwilligen zu Füßen, in deren Händen die Zukunft der Demokratie in den USA liegt.
Nicht auf ihren Schultern, aber in ihren Händen liegt die ganze Verantwortung dafür, dass nicht passiert, was Donald Trump gern hätte: dass die Demokratie unbrauchbar würde. Kein einziger dieser Freiwilligen darf einen Fehler begehen. Jeder Fehler würde Donald Trump in die Hände spielen, dem Präsidenten, der die Auszähler und Auszählerinnen als Betrüger bezeichnete.
Klar ist, wer die Helden sind
Jede Handbewegung dieser Freiwilligen steht unter akribischer Beobachtung. Sie machen ihren Job, obwohl der Präsident ihres Landes gefordert hat, ihn zu beenden. Sie machen ihren Job, obwohl vor ihren Türen dagegen protestiert wird.
Einer dieser Freiwilligen ist übrigens gestorben. Angeblich hat er sich das Coronavirus eingefangen. Vor der Wahl. Und ist, obwohl er wusste, dass er infiziert ist, zur Arbeit gegangen. Auch das gehört zu dieser Geschichte dazu. Möglicherweise hat Donald Trump diesen Mann um sein Leben betrogen, weil er die Pandemie nicht ernst genug nahm. Möglicherweise ist Joe Biden der nächste Präsident der USA.
Klar ist, dass die Helden der Präsidentschaftswahl 2020 die Auszähler und Auszählerinnen sind, deren Namen nicht am unteren Bildschirmrand im Fernsehen eingeblendet werden.
Leser*innenkommentare
Carl Fischer
Ich gehe auch freiwillig zur Arbeit, werde damit nicht reich, aber es reicht. Was bekommt man als Wahlhelfer in den USA für seine freiwillige Tätigkeit?
82286 (Profil gelöscht)
Gast
Ich hoffe im besten Glauben an die Rechtschaffenheit aller an dem Auszählungsprozess Beteiligten, dass es keinem Trumpisten gelingt, eine Kiste mit gefälschten Stimmzetteln in den Auszählungsprozess zu schleusen. Es ist höchstwahrscheinlich damit zu rechnen. Leider.
Friderike Graebert
@82286 (Profil gelöscht) das glaube ich nicht,
Schon mal selbst auszählen gewesen?
Das ist ein Ehrenamt, das man nicht ablehnen kann ohne besonderen Grund.
Und da sind immer so viele Leute beteiligt, dass kein Pfusch möglich ist.
Die versiegelte Urne wird geöffnet, die Stimmzettel gezählt und mit den abgegebenen Stimmen abgeglichen.
Dann wird gezählt und zwar immer mehrmals und das nie alleine, sondern immer zu mehreren.
Alles wid protokolliert.
Und es sind immer alle Parteien beteiligt.
Die ausgewerteten Stimmzettel werden wieder versiegelt und dann in ein Archiv überführt und dort bis eine Woche vor der nächsten Wahl aufgehoben. Dann werden sie vernichtet, damit es nicht zu Verwechslungen kommen kann.
Man kann die Stimmen also die ganze relevante Zeit lang nachkontrollieren.
Ach ja, die Auszählung ist grundsätzlich öffentlich.
Da stehen immer mindestens welche von der AFD daneben, weil sies nicht glauben .....
Carl Fischer
@Friderike Graebert "Das ist ein Ehrenamt, das man nicht ablehnen kann ohne besonderen Grund."
In den USA? Glaube ich nicht.