„Steppt der Sonnenbrillen-Bär“

Augenoptiker Carsten Frenz erläutert, warum sich die Sonnenbrille als Modeobjekt etabliert hat, warum er auf keinen Fall ausschließlich vom Verkauf der abgedunkelten Brillen leben möchte und weshalb Bremen Sonnenbrillen-Provinz ist

taz: Seit wann gibt es den Trend, Brillen zu tragen, nicht um besser sehen zu können, sondern um besser auszusehen.

Carsten Frenz: Meines Wissens seit etwa fünf Jahren. 1994 verkauften wir Sonnenbrillen, weil die Diskussion um den UV-Schutz begann. In diesen Schutz hat sich die Mode eingeklinkt und die Sonnenbrille als Verkaufssegment entdeckt. Da hat sich der Anspruch gewandelt vom reinen Blendschutz über den UV-Schutz bis zu einer Label-Welt. Kleidung tragen wir ja auch, weil wir nicht frieren wollen, aber plötzlich entdecken wir, dass wir uns auch damit schmücken können.

Wie viel geben die Leute für Sonnenbrillen aus?

Für manche sind 20 Euro viel Geld, andere geben mitunter das Zehn- oder Zwanzigfache dafür aus.

Was bekommt man bei einer billigen Sonnenbrille?

Bei der 20 Euro-Brille ist nur der Blendschutz gewährleistet. Da wird dem Auge suggeriert, dass es dunkel ist, dadurch vergrößert sich die Pupille. Wenn dann das Glas keinen richtigen UV-Schutz hat, rattert das Zeug nur so rein ins Auge. Da ist es besser, man trägt gar keine Brille.

Beraten Sie Menschen, die eine normale Brille wollen anders als solche, die eine Sonnenbrille erstehen möchten?

Ja. Bei Sonnenbrillen haben wir häufig den klassischen Shopper. Den brauchen wir manchmal nicht mal begrüßen, die Kunden wollen in Ruhe gelassen werden. Der reine Brillenkunde erwartet, dass ein Verkäufer kommt und ihn berät. Ein Kurzsichtiger ist manchmal sogar darauf angewiesen.

Wann startet die Saison?

Meist mit den ersten Sonnenstrahlen im März geht das Geschäft von null auf 100. Im September ist es dann meist genauso schnell von einer Sekunde auf die andere vorbei.

Was trägt der Verkauf von Sonnenbrillen zu ihrem Umsatz bei?

Sehr, sehr wenig. Zum Glück. Ich möchte da nicht von leben müssen.

Warum nicht?

Es ist ein nettes Zusatzgeschäft, keine Frage. Aber ich bin leidenschaftlicher Brillenverkäufer, weil ich die Brillen selbst zusammenschraube, da steckt Liebe drin. Sonnenbrillen kaufen wir zwar nicht lieblos ein, aber es ist etwas anderes.

Verkauft man in Bremen weniger Sonnenbrillen als in München?

Auf jeden Fall. Schon in Hamburg oder Düsseldorf steppt der Sonnenbrillen-Bär. Das ist unglaublich, da gibt es Shops, wo ausschließlich Sonnenbrillen verkauft werden.

Ist das eine Mentalitätsfrage? In Hamburg scheint ja nicht mehr Sonne als in Bremen.

Es ist eine Metropolfrage. Bremen ist – und ich meine das positiv – in dieser Hinsicht Provinz.

Besuchen sie die Shops in den Metropolen?

Manchmal vergleiche ich dort mein Angebot und stelle fest, dass ich mit meiner Auswahl richtig liege. Interview:grä