kurzkritik
: Helen Schneider rockt das Haus

Nach ihrem rauschenden Musicalerfolg in der Hauptrolle von „Victor/Victoria“ im Bremer Goethetheater präsentiert die US-Amerikanerin Helen Schneider einmal ihre Stimme – pur und ausgelassen experimentierfreudig. Was als Zugabe des Theaterengagements gedacht war, erweist sich im ausverkauften Sendesaal Radio Bremens als künstlerischer Höhepunkt der Bremer Performances von Helen Schneider.

Hinfort mit dem Musical-Tand, Verzicht auf die reichhaltige Schauspielerfahrung, Erinnerung an die Rocklady-Jugend.

Die bluesige Rockröhre des Karrierestarts dient stets als Ausgangspunkt der Song-Interpretationen, die alle Klischees der glänzenden Vorbilder vermeiden. So macht Schneider mit harschem Schwelgen in den Tönen, Klangfarben und Tonhöhen diverse Welthits zu ihren ureigenen Liedern. Wobei dies am besten gelingt, wenn die Stimme scheinbar mühelos durch die Bögen der Melodie treibt und den Schwingungen des Rhythmus folgt.

Selbst die Edelschnulze „Somewhere over the rainbow“ verliert so ihr Kitschpotenzial. „Lush life“ kommt auf schwebenden Soundscapes daher, wird mit urgewaltiger Kraft zur bebend vertrackten Rocknummer entwickelt und klingt in swingender Eleganz aus. Das Original ist kaum auszumachen. Qualitätsverlust? Im Gegenteil! Schneider beweist sich mit ihrer künstlerischen Offenheit – und unterstützt vom exzellenten Jazztrio M‘Jobi – als außergewöhnliche Rockchanteuse.Jens Fischer