„Bauchschmerzen habe ich auch“

Die Wahlalternative WASG fordert für ihre KandidatInnen aussichtsreiche PDS-Listenplätze. Frank Puskarev, Mitglied im Erweiterten Vorstand, glaubt an ein Entgegenkommen der GenossInnen. Der WASG rät er zu mehr Selbstvertrauen

taz: Herr Puskarev, in der kommenden Woche treffen Sie sich als WASG-Vertreter mit Berliner PDS-Leuten, um den hiesigen Bundestagswahlkampf zu besprechen. Werden Sie die SozialistInnen duzen?

Frank Puskarev: Wir haben schon beim ersten Treffen vor wenigen Wochen schnell festgestellt, dass wir alle noch nicht so alt sind, dass wir uns siezen müssen. Das werden wir beibehalten.

Wirklich? Dabei behandelt die PDS Sie nicht gerade nett. Parteichef Stefan Liebich verweigert Ihnen selbst die ziemlich aussichtslosen Plätze 6 und 7 auf der Landesliste.

Stefan Liebich hat beim PDS-Bundesparteitag am vergangenen Sonntag anscheinend nicht richtig zugehört. Als einer von wenigen hat er nicht mitbekommen, dass die WASG – auch in Berlin – der Linkspartei einen großen Vertrauensvorschuss entgegenbringt. Immerhin verzichten wir für die Chance auf eine starke linke Opposition im Bundestag auf einen eigenständigen Wahlantritt.

Ist die kalte Schulter des Parteichefs nicht vielmehr symptomatisch für den Berliner Landesverband der PDS? Die wollen Sie einfach nicht.

Wir erhalten auch Signale von PDS-Vertretern, die anders denken als Stefan Liebich. Ebenso wie wir denken sie, dass zu einem zukünftig gemeinsamen Projekt namens Linkspartei auch WASG-Kandidaten auf der PDS-Landesliste gehören.

Sie glauben also, der PDS-Landesparteitag Anfang August wird eine andere Kandidatenliste bestimmen als von der Parteispitze vorgegeben?

Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen.

Der Landeswahlleiter fordert von der PDS eine „homogene“ Landesliste. Zu viele WASG-Kandidaten könnten demnach die gesamte Liste gefährden. Liebich haut in dieselbe Kerbe. Müssen Sie auf die Listenplätze 4 bis 6 verzichten?

Das ist ein vorgeschobener Grund. Mit zwei oder drei von insgesamt zehn Kandidaten ist die geforderte Homogenität durchaus gewährleistet. In anderen Landesverbänden sieht es ähnlich aus. Deshalb zieht auch Liebichs Argument nicht, die Berliner PDS müsse die Listenzusammensetzung in anderen Bundesländern ausgleichen.

Neben dem Streit ums Personal gibt es große Programmunterschiede: Beispielsweise fordert die WASG 100.000 öffentlich geförderte Jobs, gleichzeitig streicht der rot-rote Senat massiv Stellen im öffentlichen Dienst. Passen die beiden Parteien überhaupt zusammen?

Auf Landesebene passt es bis auf weiteres nicht zusammen. Aber wir haben es jetzt mit einem Bundestagswahlkampf zu tun. Und auf Bundesebene stimmen die Ansichten von PDS und WASG bis zu 90 Prozent überein. Trotzdem werden wir den anstehenden Wahlkampf in Berlin mit eigenen Themen anreichern – entlang der inhaltlichen Linie der Linkspartei.

Das heißt …?

Beispielsweise fordert das Programm der Linkspartei: Hartz IV muss weg. Die WASG in Berlin wird ergänzen: Dann darf man Hartz IV auch nicht in Regierungsverantwortung umsetzen. Dasselbe gilt für die Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge, die wir der PDS vorwerfen, sowie für den Stellenabbau im öffentlichen Dienst und die Bildungs- und Sozialkürzungen.

An der mitgliederstarken PDS scheint solche Kritik abzuprallen. Fühlen sich die WASGler da nicht gänzlich machtlos?

Die Bauchschmerzen bei vielen WASG-Mitgliedern sind ja verständlich. Die habe ich auch. Dennoch wünsche ich meinen Parteifreunden mehr Selbstvertrauen. Die Linkspartei läge bundesweit nicht bei 12 Prozent, wenn es die WASG nicht gäbe – auch hier in Berlin.

INTERVIEW: MATTHIAS LOHRE