unterm strich
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Supergroße Überraschung: Welches Buch führt seit heute die Bestsellerliste für Belletristik des Focus-Magazins an? Na? Potter! Potter!! Die neueste Schwarte und auf Englisch, hoch und breit, rauf und runter angekündigt, hat sich nach einer Woche auf dem Markt auf Anhieb an die Spitze gesetzt. Potter verändert die Maßstäbe der Literaturkritik, Bücher müssen nicht mehr gelesen werden, um groß über sie zu schreiben. Das muss doch für alle Buchhändler und -händlerinnen, die am letzten Samstag vor ihre Geschäfte kleine Extratische auf das Trottoir schoben und versuchten, unter den schwarzen Zauberhüten nicht allzu verlegen hervorzugrinsen, ein Gefühl sein wie: Ich habe mitgewirkt am großen Werk, mich eingereiht in den Flug der Hexen, die Joanne K. Rowling aus aller Welt Geldströme zufließen lassen.

Jetzt wird es ernst, vor allem für uns, denn wieder geht es um Leser, diesmal von Zeitungen: Die deutschen Tageszeitungen erreichen laut der am 20. Juli veröffentlichten Leseranalyse Print II 48,54 Millionen Leser. Im vergangenen Jahr waren es noch 49 Millionen. Damit läsen drei von vier Deutschen über 14 Jahren täglich eine Zeitung, immerhin. Die Reichweite der Zeitungen verringerte sich allerdings in den letzten zehn Jahren von 84,8 Prozent (1995) kontinuierlich auf 74,8 Prozent. Leicht zugelegt haben nach Angaben der ZMG im vergangenen Jahr die überregionalen Zeitungen. Die 60- bis 69-Jährigen sind nach dieser Analyse die treuesten Tageszeitungsleser, während von den 14- bis 19-Jährigen nur jeder Zweite eine Zeitung liest. Die müssen sich schließlich, siehe oben, durch englischsprachige Wälzer arbeiten.

Von dem polnischen Regisseur und Oscar-Preisträger Andrzej Wajda hat man länger nichts mehr gehört. Jetzt hat der 79-Jährige einer tschechischen Zeitung von seinem jüngsten Vorhaben erzählt, einen Film über das Massaker von Katyn zu drehen. Dort hatte die sowjetische Armee 1940 im Zweiten Weltkrieg tausende polnische Offiziere hingerichtet, darunter Wajdas Vater. „Ich denke an nichts anderes mehr. Ich muss diesen Film machen“, sagte der Regisseur. „Wir wollen Ende des Jahres beginnen und noch vor Sommer fertig sein.“ Es ist schon berührend, wie der Wunsch, etwas Wichtiges über seine Eltern mitzuteilen, oft ein Leben lang braucht, bis er sich artikulieren kann. Nachdem die Sowjets in den Teil Polens einmarschiert waren, der ihnen im Hitler-Stalin-Pakt zuerkannt war, erschossen sowjetische Einheiten Anfang 1940 in ihrem Teil des besetzten Polen mehrere tausend polnische Offiziere und andere Gefangene. Die meisten Leichen wurden in Katyn begraben.