Lachhafte Wahlprogramme

betr.: „Lafontaine und die Hassprediger“, taz vom 19. 7. 05

Auch wenn Klaus Hillenbrand eher taktisch argumentiert und die Polemik gegen Lafontaine grundsätzlich gutheißt, freue ich mich, dass in der taz auch mal die „Hassprediger“ in den etablierten Parteien kritisiert werden. Die Forderung, sich mit der Linkspartei inhaltlich auseinander zu setzen, wird doch dort auch deshalb kaum erfüllt, weil weder SPD, Grüne noch die CDU/CSU mit ihren hilflosen bis lachhaften Wahlprogrammen ernst zu nehmende Gegenpositionen aufweisen können. Wenn SPD und Grüne jetzt mit diversen Korrekturen (wie bei Hartz IV) locken wollen, sagt sich der Wähler nur: Die hatten doch lange genug Zeit, es richtig zu machen. Bei CDU/CSU hat man das Gefühl, es spielt für den zu erwartenden Wahlsieg schon fast keine Rolle mehr, was sie in ihr Programm schreiben.

Wie sich die Linkspartei weiterentwickelt, ist im Augenblick schwer zu sagen, aber das hängt auch davon ab, auf welchem Niveau die Auseinandersetzung mit ihr geführt wird. Und da trägt eine konstruktive Kritik, wie sie neulich im offenen Brief der Antifa-Gruppen geäußert wurde, wesentlich mehr zu einer Grundsatzdiskussion bei, als sich rein polemisch über die Verwendung des Begriffs „Fremdarbeiter“ zu mokieren.

Und zur Erinnerung: Auch die Grünen waren nicht immer die staatstragenden Abnicker, die wir heute kennen. Und es war ein langer Prozess nötig, um eine klare Position zu erarbeiten. (Außer Fundis gab es in der Ökobewegung auch Rechte, Esoteriker, Antizionisten und einiges dazwischen.) Die Art, wie die etablierten Parteien momentan mit der Linkspartei als Organ einer sich formierenden sozialen Bewegung umgehen, weist schon Parallelen zur damaligen Diskriminierung der Ökobewegung auf.

OLAF BORDEAUX, Nauheim