ATOMKRAFT: LÄNGERE LAUFZEITEN MACHEN NOCH KEINE RENAISSANCE
: Die falsche Freude der AKW-Lobby

Es wird sie geben, die neuen Reaktoren: in Finnland einen, in Frankreich einen und weitere vielleicht in der Ukraine und in China. Doch eine Renaissance der Atomkraft, wie es die Lobbyisten glauben machen wollen, ist das nicht. Es wird sie nicht geben, die große Welle des Neubaus.

Aus mehreren Gründen. In Deutschland macht allein die fehlende Akzeptanz Neubauten undenkbar. Wer hier im Lande ein neues Atomkraftwerk errichten wollte, müsste mit massivstem Widerstand rechnen. Das weiß natürlich auch die Stromwirtschaft – weshalb selbst unter den Hardlinern niemand vom Neubau eines AKW redet.

Zudem fehlt jegliche Planungssicherheit. Wer für Jahrzehnte investiert, möchte zumindest ein wenig die Garantie haben, dass seine Technik auch in der nächsten Generation noch auf Akzeptanz stoßen wird. In Deutschland ist das bei der Atomtechnik nicht der Fall. Und da Regierungen kommen und gehen, wird hier niemand mehr Milliarden in Atomtechnik investieren – schließlich kann schon die nächste Bundestagswahl wieder den Atomkraftgegnern eine Mehrheit verschaffen. Aber auch international hat die Atomkraft – sofern nur ansatzweise die ökonomische Vernunft waltet – keine Chance. Kein Stromkonzern baut in liberalisierten Strommärkten ohne Subventionen neue Atomreaktoren. Denn die Investitionskosten sind schlicht viel zu hoch und damit die Amortisationszeiten viel zu lang. Finnland und Frankreich zählen als Kronzeugen der Verteidigung nicht: Die beiden neuen Meiler sind reine PR-Projekte und daher nicht betriebswirtschaftlich kalkuliert.

Atomkraftwerke sind außerdem nicht kompatibel mit jener Stromwirtschaft, wie wir sie in zwanzig Jahren weltweit vorfinden werden. Denn je höher der Anteil erneuerbarer Energien steigt, umso flexibler müssen die verbleibenden konventionellen Kraftwerke zu steuern sein. Atomkraftwerke jedoch sind Moloche, von der Flexibilität einer Gasturbine meilenweit entfernt. Auch deswegen wird es eine Renaissance der Atomkraft nicht geben. Mag die Atomlobby noch so sehr sie herbeizureden versuchen. BERNWARD JANZING