LESERINNENBRIEFE
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Mitgemischt hat auch der BND

■ betr.: „Ein monströses Verbrechen“, taz vom 26. 7. 12

Als Datum des Putsches in Indonesien gilt der Vortag des 1. Oktober 1965, der 30. September. Die siegreichen Putschisten haben dafür die Bezeichnung „G30S“ erfunden („Gerakan tigapuluh S“ deutsch: „Bewegung 30. September“), Bezeichnung für die Putschistenfabel von einer bevorstehenden kommunistischen Machtübernahme.

In Wirklichkeit wollte die Regierung des ersten Präsidenten Indonesiens, Sukarno, mit der Operation „Pesopati“ – der Verhaftung von verschwörerischen Generälen – einem für den 5. Oktober geplanten Putsch eines „Militärrates“ zuvorkommen.

Die Hintergründe des Putsches und des darauf folgenden Massakers sind, entgegen der Meinung der Verfasserin des taz-Artikels, sehr genau aufgeklärt unter anderem durch eine umfangreiche (570 Seiten starke) Veröffentlichung des State Departments, durch inzwischen freigewordene US-Geheimdokumente und auch eine Recherche der Washington Post von 1990 und von „Monitor“ 1996.

Der Grund für die Verschwörung des „Militärrates“ war die Weigerung Sukarnos, dem US-gestützten Verteidigungsbündnis Seato beizutreten. Außerdem waren die USA nicht gewillt, die Verstaatlichung der Caltex-Oil hinzunehmen. Man fürchtete im Kalten Krieg sowieso Dominoeffekte eines linkssteuernden Indonesiens für die Region.

Die Autoren und Choreografen des Putsches waren der Rat der Generäle unter dem späteren Diktator Generalmajor Suharto. Die Drahtzieher – wenn nicht die Autoren selbst – waren die USA, ihr vier Monate zuvor ernannter Botschafter Marshall Green, der Deputy CIA-Station Chief in Djakarta, Joseph Lazarsky, und sein Adlatus Robert J. Martens, Chef der politischen Abteilung der Botschaft. Martens hatte mit einem Stab von CIA-Agenten alle in Städten und auf dem Lande eventuell als links einzuordnenden indonesischen Staatsbürger auflisten und diese Liste mit rund 5.000 Namen dem Suharto-Hauptquartier übergeben lassen. Martens ließ sich später mit einer Strichliste angeben, wer von den in der Todesliste Aufgeführten entsprechend der „Empfehlung“ auch wirklich eliminiert worden sei. Martens Kommentar, als all das später ruchbar wurde: „Wir haben eine Menge Leute getötet, womöglich klebt auch an meinen Händen Blut. Doch so schlecht war all das nicht; denn es gibt Zeiten, wo man im entscheidenden Augenblick hart zuschlagen muss.“

Mitgemischt hat auch der BND mit Logistik und Waffen. Ausgebildet wurden die mörderischen Militärs unter anderem durch die Elitegruppe GSG 9 in Hangelar bei Bonn, und die Bundeswehr gab in Blankenese Ausbildungskurse für Offiziere. Diese enge Zusammenarbeit blieb praktisch während der gesamten Zeit der Suharto-Diktatur erhalten. DIERK VON DRIGALSKI, Marburg

Geschmackloser Titel

■ betr.: „kein mensch ist illegal“, taz vom 26. 7. 12

„kein Mensch ist illegal“ als Titelblatt bei einer Debatte zu nutzen, bei der selbst der Kommentator empfiehlt, das Thema schleunigst aus der Tagesordnung des Bundestags zu bekommen, um sich „wieder den wirklich wichtigen Themen“ zuzuwenden, ist geschmacklos! Der Slogan des antirassistischen Netzwerks wird für Schönheitsproblemchen im Bundestag zur Wahrung der „echten“ Demokratie instrumentalisiert. Die Überhangmandate auch nur annähernd in Verbindung mit der Lage illegalisierter Flüchtlinge in Deutschland zu bringen, erscheint makaber. Gerne nächstes Mal eine Ausgabe mit ähnlichem Titelblatt aber schlüssigem Inhalt. Es gibt viele Anknüpfungspunkte zur Flüchtlingspolitik in Deutschland: Hungerstreiks, No Boarders Camp, Residenzpflicht, Lagerisolierung, Abschiebeknast Schönefeld … CHARLOTTE FLOTT, Magdeburg