KURZTRIP (5)
: Im Hotel

Der Portier freundlich, das Zimmer gepflegt

In der luftigen Abfertigungshalle stand ich nur kurz herum. Mein Gepäck war so klein, dass ich es als Handgepäck mitführen durfte. Ich schaute auf die erwartungsfrohen Gesichter im Ankunftsbereich, die alle nicht mich meinten, und auf Schilder, auf denen nicht mein Name stand.

Im Taxi war mir, als ob ich alles rückwärts erleben würde, die vorüberrauschenden Felder, der gestikulierende Fahrer, das Summen des Radios. Die rückwärtige Zeitbewegung reicht bis in meine Kindheit hinein, selbst die Gespräche, die ich mit dem Fahrer führte, hatte ich schon einmal geführt. Es ging um französische Filme, um die Familienfeindlichkeit der städtischen Gesellschaft. Erst als der Fahrer, ein graumelierter Herr in einem abgewetzten Anzug, einen Bogen zur Architektur ziehen wollte, täuschte ich Müdigkeit vor.

Das ehemalige Stundenhotel, in dem ich ein Doppelzimmer belegte, liegt im Rotlichtviertel. Der Portier war freundlich, das Zimmer gepflegt. Es verbreitete eine Atmosphäre, wie ich sie brauchte, ruhig und stimmig, bescheiden und leise. Mit einer Note Verruchtheit. Der Teppich war eine aschefarbene Auslegware, auf der ein Bett mit samtroter Überdecke stand, gegenüber befand sich ein dunkler Kleiderschrank ohne Außenspiegel, auf dem Nachttisch ein altmodisches weißes Telefon. Als ich ausgepackt hatte, breitete sich die Nachmittagssonne auf dem überdimensionalen Bett aus.

An der Rezeption war noch eine Unterschrift zu leisten, das Zimmer war bereits bezahlt, der Portier lächelte verdreht, deutete nach draußen, vor dem Eingang wartete ein gelbblauer Peugeot. Sein Fahrer lehnte am Blech und sonnte sich, setzte sich kurzerhand in Bewegung, als wir uns näherten. Meine Haltung machte sich gut auf dem Rücksitz, geradezu aristokratisch, ich klemmte mir eine Zigarette hinters Ohr und gähnte laut. RENÉ HAMANN