Kriegsfeministin a.D.

Frauenforscherin Metz-Göckel geht in den Ruhestand

Wie eine, die in den Ruhestand geht, wirkt Sigrid Metz-Göckel nicht. Agil läuft, ja hüpft die Frauenforscherin zwischen den etwa 200 WeggefährtInnen hin und her, die zu ihrem Abschied aus dem aktiven wissenschaftlichen Leben gekommen sind. Begrüßt, schüttelt Hände und umarmt, lächelt und strahlt. Manchmal klatscht sie vor Begeisterung in die Hände. Bei den vielen Grußworten, die am vergangenen Donnerstag an die Professorin gerichtet worden sind, hat einer von ihrer “nachgerade unverschämt jugendlichen Erscheinung und juvenilen Weiblichkeit“ gesprochen. Dabei ist Metz-Göckel inzwischen 65 Jahre alt und blickt auf eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere als Hochschuldidaktikerin und Frauenforscherin zurück.

Insbesondere die Institutionalisierung der Frauenforschung in Deutschland ist mit ihrem Namen verbunden. „Ich wusste nichts über die Uni Dortmund als ich hierher kam“, sagten auch einige der Rednerinnen, „aber ich wusste, dass Sigrid Metz-Göckel hier lehrte.“

Als die Sozialpsychologin an die Universität Dortmund berufen wurde, war sie eine von nur drei Professorinnen – und vermisste Kollegialität: „Ich kam mir vor, wie ein Kamel in der Wüste, das wochenlang ohne Wasser auskommen muss. Da blieb mir gar nichts anderes übrig, als Frauen um mich herum zu scharen.“ Sie organisierte die ersten Frauenseminare, initiierte 1979 das Frauenforum im Revier, bei dem weit über 2.000 Frauen zum ersten Mal eine Universität von innen sahen. Im gleichen Jahr gründete sie den Arbeitskreis Wissenschaftlerinnen NRW. Anfang der 90er Jahre erreichte sie, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft erstmals ein Graduiertenkolleg zur Frauenforschung finanzierte. Von 1993 bis 1996 wurden in diesem Rahmen 56 junge Wissenschaftlerinnen bei ihren Promotionen und Habilitationen unterstützt. Auch das Netzwerk Frauenforschung NRW geht entscheidend auf Metz-Göckels Aktivitäten zurück.

Als energiegeladen, beharrlich und streitlustig beschreiben sie ihre WeggefährtInnen. Als eine, die Sand ins Getriebe streut und ihre Ziele letztlich mit virtuoser Gesprächsführung und mädchenhaftem Charme durchsetzt. „Was Frauen nicht fordern, das bekommen sie nicht“, so Metz-Göckels Überzeugung.

„Ich bin eine Kriegsfeministin“, sagt sie. Das eigentliche Wunder ihres Lebens sei, dass ihre Mutter sie und ihre Geschwister alleine großgezogen habe. Ihren Vater, der an der Front starb, hat sie nie kennengelernt. „Ich habe in meiner Kindheit viele starke Frauen erlebt.“ Ihren geschlechtersensiblen Blick hat die Professorin auch für die Hochschuldidaktik nutzbar gemacht, diese als Manipulation entlarvt und grundlegend umgekrempelt. Sie sieht die Aufgabe der Didaktik nicht darin, Wissen zu vermitteln, sondern die Verschiedenheit der Menschen zu denken und ihre Potenziale zu nutzen, so ein Kollege. Wissenschaft verstehe sie dabei als Methode, die Fremdbestimmung des Menschen aufzuheben. Metz-Göckel verabschiedet sich nicht ganz aus dem wissenschaftlichen Leben. Sie will weiterhin Nachwuchsförderung betreiben, denn „Professorin zu sein, das ist der schönste Beruf der Welt.“ SUSANNE KEIL