LESERINNENBRIEFE
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Solidarische Beiträge der Reichen

■ betr.: „Die Krise macht vor der Grenze nicht halt“, taz vom 27. 7. 12

Es gibt nur noch zwei Auswege aus dieser fundamentalen Krise, in die die Staaten Europas allesamt kommen werden, Deutschland eingeschlossen: entweder die Schulden durch eine hohe Inflation „billiger“ machen, also einfach die Geldpresse anwerfen, oder aber: die vorhandenen Vermögen für den Ausgleich der Schulden einsetzen. Es ist ja nämlich nicht so, dass Griechenland, Spanien oder Italien arm wären. Nur die Vermögen sind extrem ungleich verteilt. Die Schulden des Staates sind die Vermögen ganz weniger Personen, die diese sich im Selbstbedienungsladen neoliberaler Politik anhäufen konnten oder über Generationen aus welchen Quellen auch immer zusammengeklaubt wurden.

Wozu jemand ein Milliardenvermögen braucht, außer undemokratischen Einfluss auf Entscheidungen zu nehmen, die eigentlich alle Bürger angehen, ist eine Frage, die viel zu selten gestellt wird. Sinnvoll wäre es, diese gigantischen Vermögen zum Ausgleich der Staatsschulden zu nehmen – und den jetzigen Eigentümern immer so viel zurückzugeben, wie derzeit als Zinslast zu bezahlen ist. Dann wäre es keine Enteignung, sondern nur ein solidarischer Beitrag zum Erhalt unserer westlichen Demokratien. Die gehen nämlich unter, wenn wir weiter versuchen, alle Kosten auf die Schultern des „kleinen Manns“ zu legen. STEFAN BLUEMER, Mülheim an der Ruhr

Spar- statt Erfolgsmodell

■ betr.: „Der Haken mit der Inklusion“, taz vom 26. 7. 12

Ich arbeite als Förderschullehrerin an einer Grundschule mit Integration in Schleswig-Holstein. In einer Klasse mit drei Integrationskindern (mit Förderschwerpunkt Lernen) stehen mir pro Schüler/in 1,5 Stunden zur Verfügung (wie ich von anderen befreundeten Lehrkräften weiß, verhält es sich dort genauso). Demnach unterrichte ich 4,5 Stunden in der Woche gemeinsam mit einer Regelschullehrkraft die Klasse. In den anderen Stunden stehe ich der Kollegin beratend zur Seite. Da ich in einer normalen Schulwoche mindestens 2 dieser 4,5 Stunden vertrete (wegen Krankheit oder anderer Ausfälle), bleiben noch 2,5 Stunden gemeinsamen Unterrichts. In diesen 2,5 Stunden soll ich meine drei Schüler/innen optimal fördern. Leider bin ich keine Wunderheilerin, die durch Händeauflegen den Schülern und Schülerinnen helfen kann. Es bedarf einer Doppelbesetzung in mindestens allen Hauptfächern, um optimal fördern zu können. Der Haken an der Sache ist, dass sich niemand für die Rechte meiner Schüler und Schülerinnen einsetzt. Es stört mich, dass Inklusion in Schleswig-Holstein immer als Erfolgsmodell dargestellt wird (was es unter den beschriebenen Bedingungen ja auch sein kann), aber in der Schulrealität als Sparmodell verkommt.

NAME und Anschrift sind der Red. bekannt

Schwerter zu Windrädern

■ betr.: „Rüstung. Wir müssen umsatteln“, taz vom 25. 7. 12

Die wunderbare Rüstungskonversions-Botschaft aus dem 7. vorchristlichen Jahrhundert (Micha 4, 3–4) ist hoch aktuell, muss allerdings in unsere Zeit „übersetzt“ werden. Die Konversionsprodukte werden nicht Pflugscharen und Sicheln, aber auch nicht Kaffeemaschinen sein. Es liegt doch auf der Hand, dass die Fachleute für „hoch komplexe Technologie“ ihr Potenzial in die schnellstmögliche Verwirklichung der Energiewende einbringen müssen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rüstungsfirmen werden glücklich sein, statt Panzer, Maschinengewehren und anderen Tötungsgeräten nun Windräder und Solarmodule mit immer besserem Wirkungsgrad, Wärmepumpen oder Blockheizkraftwerke entwickeln und bauen zu dürfen. Ingenieure, Konstrukteure, Mechaniker können mit ihren Ideen und Fertigkeiten die so dringend erforderlichen Stromspeichertechniken ersinnen und umsetzen. Die Zukunftstechnologien für erneuerbare Energie werden auch wirtschaftlich erfolgreich sein. So kann die uralte Vision endlich Wirklichkeit werden, zum Wohl der nachfolgenden Generationen und allen Lebens auf der Welt.

WINFRIED EISENBERG, Herford

„Probleme unter Männern“

■ betr.: „Der Schatz im Stall“, taz vom 21. 7. 12

Dass es Probleme mit Totilas gibt, wundert mich nicht. Zum einen dürfte er, wie die Mehrzahl der Sportpferde, darunter leiden, dass seine Grundbedürfnisse nach frischer Luft, freier Bewegung und intensivem Sozialkontakt durch die Stallhaltung nicht ausreichend befriedigt werden. Dies wird durch die Angst vor Verletzungen begründet, wie sie im durchaus robusten Umgang von Pferden miteinander vorkommen können. Der Umstand, dass Totilas nicht kastriert wird, verschärft das Problem, da er als Hengst im Normalfall ein Verhaltensspektrum zeigen würde (Ausfechten der Rangordnung, Dominanzverhalten in der Herde), das Konfliktpotenzial birgt.

Andererseits ist es natürlich so, dass die im Dressursport gezeigten Lektionen dem natürlichen Imponierverhalten eines Pferdes, besonders eines Hengstes, entsprechen; Totilas präsentiert sich dadurch „natürlicher“. Die Kunst in der Dressur besteht darin, dieses Verhalten zu verbessern und abrufbar zu machen – Zwang wirkt da kontraproduktiv. Die Schwierigkeiten von Herrn Rath sind daher in gewissem Sinn „Probleme unter Männer“…

Zum Thema Hyperflexation („Rollkur“) gäbe ist viel zu sagen – dazu müsste man sich aber mit den Grundlagen der Dressur auseinandersetzen, und das würde hier zu weit führen. Bei Interesse kann ich auf die Bücher von Gerd Heuschmann, „Stimmen der Pferde“ und Heinz Meyer, „Roll-Kur“ verweisen. URSCHEL HUHN, Laer