Gefahr für Linda

Streit um die Kartoffelsorte wird grotesk: Patentinhaber „Europlant“ fordert „behördliche Verwahrung“

„Soll Linda in Sicherheitsverwahrung genommen werden?“ Diese bange Frage stellte am Wochenende die „Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft“, und es geht um nicht mehr und nicht weniger als die Zukunft einer Kartoffelsorte. Weil die Rechte an „Linda“ dem Lüneburger Unternehmen Europlant gehören, darf dieses im Prinzip damit machen, was es will. Schon länger möchte Europlant die Kartoffel „Linda“ vom Markt verschwinden lassen, um dort andere Sorten zu etablieren. Nach einem Beschluss des zuständigen Bundessortenamtes sollte es jedoch eine Schonfrist bis Mitte 2007 geben (die taz berichtete).

Wie es aussieht, will sich Europlant damit nicht zufriedengeben. Die Anwälte des Unternehmens haben jetzt beim „Schiedsgericht für Saatgut-und Sorten-schutzstreitigkeiten“ in Hannover eine einstweilige Verfügung beantragt. Ziel: Saatgut und Kartoffel-Ernte dreier „Linda“-Bauern sollen „in behördliche Verwahrung“ genommen werden.

Wo die Kartoffeln, sollten die Behörden sie zu fassen bekommen, untergebracht und mit welchen Mitteln sie dort festgehalten werden sollen, ist nicht ganz klar. Europlant scheint es jedoch ernst zu meinen. „Die Vertreter von Europlant holen zum Rundumschlag aus. Wir lassen uns nicht das Recht auf Aussaat und Ernte von ‚Linda‘ verbieten und werden alle politischen und rechtlichen Mittel ausschöpfen,“ sagt Georg Janßen aus Lüneburg, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, die schon länger gegen den Tod von „Linda“ kämpft.

Das Unternehmen wolle mit neuen Sorten höhere Gewinne erzielen, vermutet die Arbeitsgemeinschaft und fordert: „‚Linda‘ muss jetzt der Allgemeinheit zur Verfügung stehen und Bauern müssen eigenständig ohne Europlant entscheiden, ob sie die Nachfrage der Verbraucher nach der beliebten Kartoffelsorte zufrieden stellen wollen.“

Europlant sieht die Sache naturgemäß etwas anders. „‚Linda“ ist eine wohlschmeckende gelbfleischige Salatkartoffel, mit einer guten Lagereigenschaft, aber hoher Anfälligkeit gegen Krautfäule, Knollenfäule und Virusnekrosen“, erklärt die Firma auf ihrer Homepage. „Darüber hinaus fehlen ihr Resistenzen gegen Nematoden und Krebserkrankungen. Ihre Kocheigenschaft ist oftmals nicht stabil, das heißt sie verändert diese während der Lagerperiode von mehligkochend zu festkochend.“

Die Verhandlung ist am Donnerstag. taz