Der Bart ist ab

Amtsgericht verurteilt Arbeitslosen zu Geldstrafe. Sein Delikt: Er hatte dem Kanzler ein Hitlerbärtchen angemalt

Für Fotomontagen, die Bundeskanzler Gerhard Schröder und seinen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (beide SPD) mit „Hitlerbärtchen“ zeigen, ist ein Arbeitsloser zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro verurteilt worden. Das Amtsgericht Tiergarten sprach den 28-Jährigen gestern wegen Beleidigung der beiden Politiker schuldig. Der Mann selbst hatte sich als Aktionskünstler und seine im Internet veröffentlichten Werke als Satire bezeichnet. „Einen demokratisch gewählten Kanzler mit einem der schlimmsten Verbrecher und größten Schlächter der Menschheitsgeschichte gleichzusetzen, ist nicht von der Kunstfreiheit gedeckt“, urteilte hingegen Richter Sascha Daue. Schröder und Clement hatten Anzeige erstattet.

Auf dem Bild, das der Mann auf seiner Website veröffentlicht hatte, stand außerdem die an eine Goebbels-Rede erinnernde Frage „Wollt ihr den totalen Hartz?“. Im vergangenen September hatte er entsprechende Flugblätter auf einer Demonstration gegen Hartz IV im Bezirk Mitte verteilt.

Der Hartz-IV-Empfänger zeigte sich auch während des Prozesses wenig geläutert und wurde deshalb nach dem Urteil abgeführt. Er muss einen Tag wegen ungebührlichen Verhaltens vor Gericht in Ordnungshaft. Er war in einem T-Shirt mit dem Schröder-Hitler-Konterfei erschienen. Als der gelernte Gabelstaplerfahrer das Hemd ausziehen musste, hielt er es demonstrativ in Richtung der Zuhörer und nannte den Staatsanwalt einen „Kunstbanausen“. Der Ankläger wird deswegen neu ermitteln.

Der mehrfach vorbestrafte Mann wollte nach eigenen Angaben mit seiner Internetseite eine Meinungsplattform für Bürger schaffen. Seit Kriegsende gebe es keinerlei Mitentscheidungen durch die Bevölkerung, beschwerte er sich. Der Staatsanwalt nannte den Angeklagten „einen wichtigtuerischen Kriminellen“. DPA