warum wir den Beamten hilflos ausgeliefert sind
: Der verlorene Papierkrieg

Wenn ein Bäcker einen Laden in Schöneberg hat, die Stufe vor seinem Laden aber in Steglitz liegt – dann kann er sich auf Papierkrieg einstellen. Nicht nur, dass er sowieso mit Auflagen und Anträgen überschwemmt wird. Er wird es gleich doppelt.

Diese und ähnliche Fälle hat das ZDF ausgegraben, als es sich mit Bürokratie in Deutschland beschäftigte. Die daraus entstandene Sendung „Die Macht der Bürokraten“ bildet den Auftakt zur Reihe „Wo steht Deutschland?“. Wir verdanken die Serie Gerhard Schröder. Denn als er die Neuwahlen ausrief, fing das ZDF an zu konzipieren. Die Serie soll einen dokumentarischen Überblick über Themen geben, die bei der Wahl eine Rolle spielen, sagte die Inlandpolitikchefin Bettina Schausten. Dabei sollen nicht nur Politikerstatements abgefragt, sondern „eine Bestandsaufnahme gemacht werden“.

Schon in Vorbereitung war der Beitrag über Bürokratie, als die Neuwahlentscheidung fiel. Deswegen wurde der Film auch als erster fertig. Verantwortlich waren drei Autoren von „frontal 21“, dem ZDF-Politmagazin. Wer die „Sendung mit der Maus“ nervtötend findet, sollte sich ihren Film nicht ansehen. Der Ton ist ironisch und die Fälle werden auf ihre einfachsten Parameter heruntergebrochen. Die systemischen Zusammenhänge sind vereinfacht und mit Animationssequenzen unterlegt, was im Ton sehr an „Bowling for Columbine“ von Michael Moore erinnert.

Dass sich der Film der Zusammenhänge annimmt, die die Verwaltung bestimmen, ist jedoch sein großes Verdienst. Sowohl Entstehung des Beamtentums wie auch die Verflechtungen zwischen Verwaltung und Verwaltungsgerichten kommen zur Sprache. Die verschiedenen Anstrengungen, die in der Vergangenheit gemacht wurden, der Vorschriftenflut Herr zu werden, stellen die Autoren ebenso vor wie auch die Gründe, an denen sie gescheitert sind. Der Film kommt zu dem Schluss, dass „wir selbst schuld sind“, dass die Bürokraten das Sagen in Deutschland haben. Als Alternative präsentieren die Filmemacher die Niederlande, wo mit einer Kosten-Nutzen-Rechnung die Gesetzgeber verpflichtet werden, den Aufwand für Bürger und Verwaltung zu begrenzen.

In den folgenden vier Teilen (immer dienstags um 22.45 Uhr) beschäftigen sich die Deutschland-Auditoren des Zweiten mit dem Gesundheitssystem, der Bundeswehr, den Hartz-Reformen und den neuen Bundesländern.

Wer kein Experte ist und einfach mal wissen will, warum alle sich immer einig sind, dass es zu viel Bürokratie gibt, aber keiner was daran ändert, wird hier eine Antwort finden. Und er weiß hinterher deutlich mehr über die Berechnung des Gewichtes von Kaninchenohren. SOLVEIG WRIGHT

„Wo steht Deutschland“, erster Teil: 22.45 Uhr, ZDF