Konsulat darf ins Wohngebiet ziehen

Ist ein türkisches Generalkonsulat ein unzumutbares Terrorrisiko für die Nachbarn? Nein, urteilten Karlsruher Richter

FREIBURG taz ■ Trotz der Gefahr von Terroranschlägen darf in einem Karlsruher Wohngebiet ein türkisches Generalkonsulat gebaut werden. Dies entschied gestern das Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe und lehnte damit die Klage von drei Anwohnern ab. Die Nachbarn hatten stellvertretend für einige hundert Bewohner der Karlsruher Oststadt geklagt.

Das türkische Generalkonsulat in Karlsruhe ist eine von 13 derartigen Einrichtungen in Deutschland. Nachdem das bisherige Gebäude zu klein geworden war, plante die Türkei einen Umzug auf ein ehemaliges Karlsruher Postbetriebsgelände. „Wir haben nichts gegen türkische Mitbürger“, versicherte eine gegen das Projekt gegründete Bürgerinitiative, „aber wir haben Angst vor Terroranschlägen.“ Ein Konsulat gehöre nicht in ein Wohnviertel. Außerdem fürchteten die Anwohner zusätzlichen Verkehr und weniger Parkplätze. Die Stadt sah keine Möglichkeit, den Bauantrag abzulehnen. Parkplätze gebe es genug und am bisherigen Standort des Konsulats sei auch nie etwas passiert.

Die Anwohner zogen daraufhin vor Gericht. Das Konsulat sei ein „nationales Symbol“, so Anwalt Dirk Herrmann, und verwies auf zahlreiche Botschaften, die in den letzten Jahren zum Ziel von Anschlägen wurden. Die Anwohner verglichen das Konsulat mit einer Sprengstoff-Fabrik. Auch dort sei bei ordnungsgemäßem Betrieb die Sicherheit gewährleistet, dennoch bestünden erhebliche Risiken. Und weil ein Terroranschlag sehr große Schäden verursachen könne, genüge schon die „entfernte Wahrscheinlichkeit“, um den Bauantrag an dieser Stelle abzulehnen.

Das Verwaltungsgericht folgte dieser Argumentation nicht. Die Gefahr eines Anschlags spiele bei der Frage der Baugenehmigung keine Rolle. „Nur Störungen, die sich unmittelbar aus der Nutzung des Gebäudes in dem konkreten Baugebiet ergeben, können berücksichtigt werden“, so die Richter. Terroranschläge gingen aber gerade nicht vom Konsulat aus, sondern von außenstehenden Personen. Für sie sei die Polizei zuständig.

Das VG Karlsruhe folgte damit seiner Linie im Eilverfahren. Schon im vorigen Jahr hatte das Gericht einen Baustopp abgelehnt, der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hatte das bestätigt. Gegen die gestrige Entscheidung im Hauptverfahren kann zwar noch einmal der VGH angerufen werden, es ist aber unwahrscheinlich, dass die Kläger dort noch Erfolg haben. Immerhin folgte das VG Karlsruhe einer allgemein im Baurecht vertretenen Linie.

Auch in Leipzig scheiterten voriges Jahr Anwohner, die den Bau eines jüdischen Gemeindezentrums verhindern wollten. Sie hatten ebenfalls mit dem „Sicherheitsrisiko“ argumentiert und den Neubau abgelehnt. Der Pfarrer der evangelischen Thomaskirche, Christian Wolff, warf den Anwohnern daraufhin Antisemitismus vor. Ihre Klage scheiterte vor dem Leipziger Verwaltungsgericht. CHRISTIAN RATH