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heute in bremen„Es ist wichtig, keine Karikatur zu zeichnen“

Patrick Sachweh 41, ist Professor für Soziologie und leitet das Bremer Projekt des Forschungs­instituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt.

Interview Marie Gogoll

taz: Herr Sachweh, wenn ich über gesellschaftlichen Zusammenhalt nachdenke, denke ich an Menschen mit und ohne Maske, die sich gegenseitig an die Gurgel gehen. Mangelt es uns gerade jetzt an Zusammenhalt?

Patrick Sachweh: Das würde ich nicht sagen. Unmittelbar nach Pandemiebeginn gab es sogar sehr großen gesellschaftlichen Zusammenhalt und Solidarität. Das sieht man ja auch daran, dass viele Menschen die Vorgaben der Regierung annehmen. Diejenigen, die das nicht tun, sind eine Minderheit. Dass es in einer Demokratie Konflikte gibt, halte ich für normal.

Was macht denn gesellschaftlichen Zusammenhalt aus?

Das ist eine schwierige Frage. Wir setzen uns damit im Kontext von wachsender sozialer Ungleichheit auseinander. Steigende Ungleichheit kann den Zusammenhalt gefährden.

Warum?

Dadurch, dass sich bestimmte soziale Gruppen immer mehr von einander entfernen, fehlen die Berührungspunkte. Es kommt zu einem wechselseitigen Nicht-Verstehen und zur Entsolidarisierung. Wenn sich gut verdienende, akademische Familien dazu entscheiden, in einen bestimmten Stadtteil zu ziehen um ihre Kinder auf eine bestimmte Schule zu schicken, führt das automatisch zur Segmentierung.

Wie äußert sich das konkret in Bremen?

Wie in allen Großstädten gibt es auch hier große Unterschieden zwischen den Stadtteilen. Das sieht man auch an Wahlergebnissen und der beginnenden Gentrifizierung der Neustadt. Global gibt es den Trend, dass gut verdienende Gruppen keinen Kontakt mehr mit Arbeitslosen oder Geringverdienern im urbanen Raum haben. Die sozialen Orte, an denen man zusammen kommt, werden immer weniger.

Die Stadtteile driften also auseinander?

Genau. Gleichzeitig ist es wichtig, keine Karikatur der Verhältnisse zu zeichnen. Stadtteile wie Gröpelingen oder Tenever werden oft in schlechtem Licht dargestellt. Aber natürlich gibt es auch hier viele Strukturen, die gut funktionieren. Es ist unsere Aufgabe, Ambivalenzen widerzuspiegeln.

Was soll die Veranstaltung erreichen?

Unsere Forschung soll auch einen praktischen Wert haben. Wir möchten herausfinden, was man für den Zusammenhalt in der Gesellschaft tun kann und was ihn bedroht. Dabei ist es wichtig, von Beginn in den Kontakt mit der Stadtgesellschaft zu treten, die Veranstaltung ist dabei ein erster Schritt. In Gröpelingen wird es eine Forschungswerkstatt geben, auch mit Schulen möchten wir partizipativ zusammenarbeiten.

Vortrag und Diskussion „Herausforderungen gesellschaftlichen Zusammenhalts“ mit Livestream über das Bremer Projekt des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt: 17 Uhr, im Übersee-Museum

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