PDS regiert jetzt auch in Bayern

Die neue Linkspartei brüskiert ihren Bündnispartner WASG. Deren Kandidaten haben nur geringe Chancen auf einigermaßen sichere Listenplätze

VON KLAUS JANSEN

Auch einen Tag später hat sich Klaus Ernst noch immer nicht beruhigt. „Es ist ein Eklat, dass unsere Leute von Menschen abgemeiert werden, die die Tragweite unseres Projektes nicht begreifen können“, schimpft der Vorsitzende der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit. Ausgerechnet in Bayern, dem Stammland der WASG, soll künftig die ehemalige PDS den Ton angeben. Und das, obwohl der bayerische WASG-Parteisekretär Albert Lochner findet, dass „weite Teile“ seines Bündnispartners „nicht politikfähig“ seien.

Dass die WASG im Osten nicht viel Einfluss auf die ehemalige PDS haben würde, war den westdeutschen Linken schon vor der Kooperation klar. Dass man auch im Westen nur Juniorpartner ist, erkennt man erst jetzt: Nach dem Nominierungsparteitag der bayerischen Linkspartei darf sich lediglich der auf den ersten Listenplatz gewählte Parteichef Ernst ernsthaft Hoffnungen auf den Einzug in den Bundestag machen. Die von der WASG ebenfalls vorgeschlagenen Kandidaten Fritz Schmalzbauer und Anny Heike fielen in Kampfabstimmungen um die sicheren Listenplätze drei und vier gegen Linkspartei-KandidatInnen durch.

„Ein völlig normaler, demokratischer Vorgang“, sagt PDS-Wahlkampfleiter Bodo Ramelow. Ein Affront, findet die WASG: Das Kräfteverhältnis zwischen WASG und PDS, die bei der vergangenen Bundestagswahl in Bayern lediglich 0,6 Prozent erreichte, werde auf der Liste nicht richtig berücksichtigt. „Das ist ein schlechtes Zeichen für die Vereinigung der Linken“, sagt Ernst.

Wird nun also die junge WASG – wie von vielen Mitgliedern befürchtet – von der erfahrenen PDS gekapert? Tatsächlich hat die Linkspartei lediglich vollzogen, was WASG und PDS in ihrer Kooperationsvereinbarung festgelegt haben. Denn in dem Moment, in dem die WASG sich bereit erklärte, auf offenen Listen der PDS zu kandidieren, hatte sie ihrem Partner auch die Entscheidungshoheit über das Personal übertragen. Das heißt: Die Linkspartei kann nicht nur beliebig eigene Mitglieder aufstellen, sondern auch externe KandidatInnen nominieren. Jüngste Neuverpflichtung ist der Karlsruher Bundesrichter Wolfgang Neskovic (siehe Interview).

Die Führungsebene der WASG ist sich ihres geringen Einflusses bewusst. „Wir können die Entscheidungen von Listenparteitagen der Linkspartei nicht zurückdrehen“, sagt Parteichef Ernst. „Scheitern wird das Projekt dadurch nicht.“ Dient die Kritik an der PDS also nur der Beruhigung der eigenen Mitglieder? Seinen sicheren Listenplatz will Ernst jedenfalls annehmen.

Die WASG-Spitze hat – anders als Teile ihrer Basis – längst begriffen, dass ihr die Linkspartei bei der KandidatInnenaufstellung auch aufgrund des deutschen Wahlrechts nicht weiter entgegenkommen kann. Maximal 25 Prozent der Listenplätze darf sie an den Partner vergeben – sonst droht ein Ausschluss von der Bundestagswahl wegen einer illegaler Listenverbindung. Bundeswahlleiter Johann Hahlen hatte die Linkspartei am Wochenende noch einmal darauf hingewiesen, dass sie in diesem Fall in einzelnen Bundesländern nicht zugelassen werden könnte. Vor diesem Hintergrund könnte der Streit in Bayern sogar hilfreich sein, sagt WASG-Chef Ernst: „Es ist deutlich geworden, dass es keine Absprachen gegeben hat.“

Dementsprechend bescheiden geben sich deshalb auch die WASG-Landesverbände, die ihre KandidatInnen erst noch auf den Listen der Linkspartei unterbringen müssen. In Berlin dürfte mit Renate Herranen frühestens auf Listenplatz vier ein WASG-Mitglied zum Zuge kommen. Auch die hessischen Linken erwarten wenig: Man mache der PDS keine Vorgaben, sondern habe lediglich „Menschen vorgeschlagen, die an einer Kandidatur interessiert“ seien, sagt Landesvorstand Dieter Hooge.

In Nordrhein-Westfalen rechnet der Landesvorsitzende Wolfgang Zimmermann mit „höchsten zwei oder drei“ Plätzen unter den ersten zehn. „Wir hoffen, dass bei uns nicht dasselbe passiert wie in Bayern. Aber beanspruchen können wir überhaupt nichts“, sagt er. Verlassen kann er sich nur darauf, dass mit Neumitglied Oskar Lafontaine ein WASGler die Liste der Linkspartei im bevölkerungsreichsten Bundesland anführen wird.