LESERINNENBRIEFE
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Inklusion beginnt im Kopf

■ betr.: „Der Haken mit der Inklusion“, taz vom 26. 7. 12

Das Gebärdendolmetscher-Beispiel zeigt ganz deutlich, wie wenig Plan zur Umsetzung des Inklusionsgesetzes besteht. Wenn GebärdendolmetscherInnen, ohne die ein gehörloses Kind nun mal nicht am Unterricht teilnehmen und teilhaben kann, schon nicht finanziert werden, wie soll das dann erst bei Hilfsmitteln, barrierefreien Arbeitsplätzen, qualifizierter Assistenz, Bereitstellung von heil- und sonderpädagogischem Fachpersonal mit ausreichendem Know-how über spezifische Fördermaßnahmen und -möglichkeiten egal wie schwer beeinträchtigter SchülerInnen aussehen? Sollen die Eltern das bezahlen? Bisher geht die Initiative für den Regelschulbesuch eines behinderten Kindes nämlich hauptsächlich von engagierten Eltern aus … „Alle Kinder alles lehren“ (Johann Comenius), das ist schon möglich. Aber nur, wenn Unterricht für wirklich alle SchülerInnen bedarfsgerecht aufbereitet wird und Diversität als Bereicherung, nicht als Belastung gesehen wird. Inklusion beginnt im Kopf und im Herzen. Wenn man sich die derzeitige tatsächliche Lebenssituation vieler Menschen mit Behinderungen ansieht, ist es bis dahin aber noch ein unvorstellbar weiter Weg!

RITA-MARIA DONHAUSER, München

Allgemeinbildung ist in Gefahr

■ betr.: „Bummeln ist auch keine Lösung“, taz vom 1. 8. 12

Es geht natürlich nicht nur um die „Klavierstunden“ oder das „teure Auslandsjahr“ für die Privilegierten, sondern es geht um eine solide Allgemeinbildung und soziale Belange. Bernd Kramers Argumentation atmet den Geist von Klassenkampfparolen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Wenn ich in der außerschulischen Jugendarbeit bei einer Buchempfehlung als Antwort bekomme, das sei nicht im Deutsch-Lektürekanon, oder bei einer Filmempfehlung, Film sei dieses Jahr kein Abiturthema, dann sind nicht Privilegien in Gefahr, sondern schlicht Allgemeinbildung. Wenn SchülerInnen nicht mehr bereit sind, sich in der Jugendarbeit oder anderen sozialen Feldern zu engagieren, weil sie dafür keine Zeit haben, dann ist das Ehrenamt in Gefahr. Und ein Auslandsjahr hat bisher noch niemandem geschadet. Das G 8 gefährdet es nicht nur bei den Privilegierten, sondern bei allen, eben auch bei Arbeiterkindern, und erst recht bei denen. Übrigens ist schon die Überschrift polemisch, denn nicht ums Bummeln geht es. Das war vielleicht Mitte des 20. Jahrhunderts auf deutschen Gymnasien möglich, aber auch schon vor G 8 nicht die Regel. JÜRGEN FIEGE, Bremen

Freizeitaktivitäten ermöglichen

■ betr.: „Bummeln ist auch keine Lösung“, taz vom 1. 8. 12

Die ganzen Musikschulen haben also nur Professorenkinder als SchülerInnen? Ist das Erlernen eines besonderen Instruments (das in der Schule nicht vorkommt) oder das Betreiben einer Sportart jenseits von Fußball und Badminton (die in der Schule nicht vorkommt) oder das Treffen mit anderen Freunden (das in der Schule nicht vorkommt) oder die private Freizeit ohne andere Menschen (die in der Schule schlicht nicht vorkommt) jetzt schon überzogener Luxus? Ich finde, wir sollten lieber dafür sorgen, dass alle Menschen ihren Kindern (und sich selbst) solche anscheinend total versnobten Freizeitaktivitäten ermöglichen können! UWE DREXELIUS, Bielefeld

Alle Achtung!

■ betr.: „Null Millionen will Solarworld-Chef“, taz vom 21. 7. 12

Vorstandschef Frank Asbeck aus Bonn, dessen international aufgestellte Firma Solarworld derzeit mit 375 Millionen im Minus ist, verzichtet komplett auf Gehalt und Dividende, bis Solarworld wieder schwarze Zahlen schreibt. Alle Achtung, Herr Asbeck! Wäre schön, wenn Ihr gutes Beispiel Schule macht. Wir wünschen Solarworld das Beste! INGA DI MAR, Hamburg