brief des tages
:

Bitte gewöhnliches Deutsch verwenden

„Der Kampf ums Canceln“, taz vom 26. 8. 20

Immer wieder erfahre ich aus der taz Dinge des Alltags oder Definitionen, die mir zuvor fremd oder unbekannt waren, und ich bin dann sehr froh darüber. Diesmal fühle ich mich frustriert. „Cancel culture“ bleibt mir verschlossener denn je. Was bedeutet „cancel culture“? In Ihrem Artikel ahne ich, dass Sie, sehr an die digitale Sprache gewöhnt, eine allgemein verständliche Formulierung nicht ohne Weiteres finden. Sie fordern, „die digitale Sprache“ müsse „über sich hinauswachsen“. Aber kann sie das? Leibniz hat darüber lange nachgedacht, ja schon er wollte die Welt mit der mathematischen Sprache philosophisch erläutern. Da wäre alles so wunderbar klar gewesen! Er hielt es am Ende nicht für möglich. Er kam von Descartes, von Aristoteles. Er kannte die andere Logik: „Alles fließt“ – „Ich denke, also bin ich“. Kurzum, darf ich die Bitte wagen, mir „cancel culture“ in ein gewöhnliches Deutsch zu übersetzen, notfalls mit „Anmerkungen des Übersetzers“? Damit ich mir was drunter vorstellen kann, auch ohne in die Schlünde der Social Media einzutauchen?

Barbara Höhfeld, Frankfurt am Main