Die Linkspartei und ihre Fremdbewerber
: KOMMENTAR VON RALPH BOLLMANN

Der Aufschrei kommt reichlich spät. Wenn sich die Mitglieder der WASG jetzt in westdeutschen Landesverbänden darüber beschweren, dass sie bei der Listenaufstellung von den winzigen PDS-Gliederungen majorisiert werden, dann kann man ihnen nur zurufen: Das war von vornherein absehbar. Die PDS hat die Kombination aus Zeitdruck und juristischen Zwängen ausgenutzt und ihren Durchmarsch mit einem Argument durchgesetzt, das sie keiner anderen Partei durchgehen ließe: mit dem Argument der Alternativlosigkeit.

Seit sich die PDS vor gut einer Woche in „Die Linkspartei“ umbenannte, wähnt sich das Publikum in dem Glauben, die Parteifusion sei schon vollzogen. Doch in der so genannten Linkspartei stecken 100 Prozent PDS, und das ist vor dem Hintergrund des Wahlrechts auch der Sinn der Sache. Die Kandidatur von ein bis zwei WASG-Vertretern pro Bundesland unterscheidet sich von der bisher praktizierten „offenen Liste“ allenfalls durch die Prominenz der Kandidaten.

Schon bisher haben sich derlei Fremdbewerber in der parlamentarischen Praxis nicht unbedingt bewährt. Die Grenzen, die das Wahlrecht zieht, sind durchaus gut begründet. Die Rückbindung der Fraktionsarbeit an die innerparteiliche Meinungsbildung, ein wesentliches Element der Parteiendemokratie, ist bei einem Einzug allzu vieler WASG-Kandidaten in Gefahr. Das müssten eigentlich gerade jene früheren SPD-Mitglieder einsehen, die jetzt zur WASG gewandert sind. Schließlich haben sie einst besonders penibel auf die Einhaltung von Parteitagsbeschlüssen geachtet – auch und gerade durch die eigene Bundestagsfraktion.

Schwer vorstellbar, dass sich ausgerechnet ein Oskar Lafontaine dereinst den Beschlüssen und der Kritik von PDS-Parteitagen beugen wird. Damit ist eine Konfliktlinie vorgezeichnet, die bis zum Bruch der neuen Bundestagsfraktion führen kann. PDS und WASG haben angekündigt, diesen Graben in spätestens zwei Jahren durch eine nachgeholte Parteifusion zu überbrücken. Vor dem Hintergrund des aktuellen Zwists ist es aber alles andere als sicher, ob sie jemals zustande kommen wird – und wenn, dann wohl nur zu den Bedingungen der PDS.