berliner szenen
: Gefangen auf dem Partyboot

Als ich das Partyboot mit halb-nackten Tanzenden auf dem Rummelsburger See sehe, weiß ich, dass es das ist, wo ich hinmuss. Nur: Ich habe keine Lust auf Party. Ich möchte nur einen Menschen wiedersehen, den ich im Zug getroffen hatte und der mir erzählte, dass er mit seinem selbst gebauten Hausboot in Berlin ankern wird. Er schickt mir seinen Standort, und Google Maps zeigt mir, dass ich am Ziel bin. Ich überlege, ihm zu schreiben, ob wir lieber für den nächsten Tag etwas abmachen sollen. Doch er holt mich gleich mit einem Ruderboot ab. Ich sage den Partyleuten Hallo und springe sofort ins Wasser. Wir ziehen uns zurück und alles fühlt sich ein bisschen an, als würde ich träumen – bis wir zu den anderen gehen.

Die meisten sprechen Italienisch, sind höchsten 25 und voll drauf. Elektronische Musik läuft, ich versuche zu tanzen, aber ich komme nicht in Stimmung. Also suche ich mir eine ruhige Ecke und schaue den Mond an. Aber ich werde andauernd angesprochen. Sie möchten wissen, woher ich komme, wie alt ich bin. „Aus Argentinien? Ich komme aus Napoli, Diego Maradona ist mein Gott!“, sagt mir einer und zeigt das Bild eines jungen Fußballspielers auf seinem Handy. „Na ja, im Geist jung zu bleiben ist das Wichtigste“, kommt als Reaktion, als ich mein Alter nenne. Ein junger Typ mit Käppi, fragt mich alle fünf Minuten, wie es mir geht. Ich möchte definitiv nach Hause. Aber wie? Ich kann mich nicht einfach schleichen, denn jemand muss mich rüberfahren. Dafür werde ich noch ein paar Stunden Geduld haben müssen.

Als mich der Mensch endlich zur anderen Seite fahren kann, trägt er plötzlich eine Tunika und sieht aus wie ein König. „Bis dann“, winkt er mit einem Lächeln. Ich winke zurück und bleibe am Ufer, bis das Boot aus meiner Sicht verschwindet.

Luciana Ferrando