meinungsstark
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Made in USA: Kamala Harris

„Bidens Vize Kamala Harris: Divers wie die USA“,

taz vom 12. 8. 20

Yes, they can – again! Eine ausgezeichnete, alles andere als schläfrige Wahl des Joe Biden. Kamala Harris bringt geradeheraus mit, was es für gute, zukunftsorientierte Politik braucht. Sie verfügt über eine beeindruckende Präsenz mit Herz und Verstand, die bereits Barack Obama bemerkenswert fand, und sie hat das Selbstbewusstsein und die Entschlossenheit, beides einzusetzen. Nach vier Jahren des politischen Notstandes haben sich die USA diese Power-Frau zudem schwer verdient. Im Übrigen dürfte sich die intelligente wie rhetorisch versierte Harris als Zielscheibe für halbwüchsig-infantile Angriffe des politischen Gegners kaum ernsthaft eignen. Nicht zuletzt, weil der Zustand dieses großartigen Landes ernst ist und es endlich wieder mit Reife und Ernsthaftigkeit regiert werden muss. Matthias Bartsch, Lichtenau

Made in Germany: Olaf Scholz

„Von der ‚Roten Null‘ zur Revolution“, taz vom 16. 8. 20

Die Nominierung von Olaf Scholz halte ich für eine gute Entscheidung. Er ist ein pragmatischer, entscheidungsstarker Politiker mit sozialdemokratischen Grundüberzeugungen. Letztere trägt er zwar nicht ständig vor sich her, doch setzt er unter realen – eben nicht unter Wunschbedingungen – sehr viel davon um. Das mag allen in der SPD, bei der Linken und den Grünen missfallen, die Politik nach Theorie und Lehr- oder Programmbuch machen möchten. Die Realität aber ist: Diese Politiker*innen haben bisher keine Wahlen gewonnen. Gewonnen haben die Realpoltiker*innen – wie Willy Brandt, Helmut Schmidt, Joschka Fischer, Winfried Kretschmann, Malu Dreyer. Und das war gut so. Das Verrückte: Sie mussten sich oft gegen die Theoretiker in den eigenen Reihen zur Wehr setzen. Die Welt und die konkreten politischen Bedingungen sind leider nicht so, wie man sie sich wünscht.

Ludwig Hoffmann, Wernigerode

Zurück zu den Grundlagen

„Rassismus als System: Historisch tief verwoben“,

taz vom 14. 8. 20

Liebe taz, warum hat niemand aus eurer Redaktion mit Mohamed Amjahid über den Nazi-Rassismus diskutiert, als er den Satz schrieb: „Weiße können dagegen diskriminiert werden, aber Rassismus erfahren sie nicht.“ Welche Hautfarbe hatten die „slawischen Untermenschen“, im Nazi-Jargon auch: „Ostische Rasse“? Welche Hautfarbe hatten die millionenfach ermordeten Juden? Sie haben alle keinen Rassismus erfahren? Es wäre schön, wenn dieser Artikel nicht das letzte taz-Wort zum Rassismus in der Serie „Zurück zu den Grundlagen“ bliebe. Till Schelz-Brandenburg, Bremen

Mediationsteams – alles wird gut?

„Besser leben ohne Polizei“, taz vom 10. 8. 20

Auch in Deutschland gibt es ein massives Problem mit Gewalt gegen Frauen und Femizide, dieses Jahr etwa einen pro Tag. Und da sollen wir uns also ernsthaft vorstellen, dass Mediationsteams die Täter „dazu bringen, Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen, und sie dabei unterstützen, sich künftig anders zu verhalten“? Mehrfachtäter werden dann ganz vernünftig von ihrer Machtgier-, ihrem Sexualwahn oder einfach ihrer Unbeherrschtheit lassen, und alles wird gut? Und wie funktioniert dieser Ansatz dann bei organisierter Kriminalität? Zweifel hat die Autorin ja schon beim Blick über ihre wohl sehr überschaubare Nachbarschaft hinaus. Es folgt Klischee auf Klischee, unterstützt von der Fotoauswahl: maskierte Eskorte, schwer bewaffnet. In der Regel treten Polizisten anders auf und kommen tatsächlich auch, wenn sie von Nachbarn bei häuslicher Gewalt gerufen werden. Die Autorin übersieht, dass viele Mitmenschen allein die Androhung von Strafe abhält, sich asozial zu verhalten. Ich bezweifle sehr, dass dies nur in lockeren Diskussionsrunden eingegrenzt werden könnte. Wie wäre es mit einer taz-Seite der Faktenanalyse – wo und wie Polizei nützt und wo nicht? Sven Gormsen, Tübingen