wortwechsel
: Über den Wolken und in Bayern – Corona-Tamtam

Corona prägt den Urlaub, die Rückkehr – und natürlich die Sicherheitsmaßnahmen. Fehler passieren, überall und jedem. Aber was tun, wenn Fehler quasi vorprogrammiert werden?

Hereinspaziert! An Bord der coronafreien Wunderwelt: zwangsoptimistische Flugbegleiterin Foto: Marcel Kusch/dpa

Ergebnis von Corona-Modellierungsstudien: Masken und Contact Tracing helfen“, taz vom 16. 8. 20

Maskenlos im Flieger

Wir sind mit steigenden Zahlen an Infizierten konfrontiert. Ich selbst bin Ärztin in Berlin, lehre Public Health an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf und unterstütze das Gesundheitsamt in Neukölln. Die Frage nach der Ursache ist berechtigt, ist jedoch nicht monokausal der „feiernden“ Bevölkerung zuzuschieben. Auf Ryanair-Flügen zum Beispiel werden die Fluggäste zum Essen durch Sonderangebote nahezu animiert. Nur so verdient sich das Kabinenpersonal etwas dazu. In der gemessenen Flugzeit von 2,5 Stunden (Sevilla–Berlin) haben die meisten Fluggäste den Flug mit Essen oder Trinken (natürlich ohne Maske) verbracht. Die Gefahr der Ansteckung auf einer Pool-Party im Ausland ist sicher erhöht. Für ein erhöhtes Risiko reicht zweifelsfrei auch ein Flug mit Ryanair.

Beatrice Moreno, Berlin

Lost im Test-Parcours

Über die Webseiten des Auswärtigen Amtes und des RKI erfahre ich, dass ich mich nach meiner Rückkehr aus Katalonien in Berlin im Flughafen kostenlos testen lassen kann. Einige Tage vor meiner Abreise erfahre ich über meine Fluglinie, dass ich eine sogenannte Aussteigekarte für die deutschen Gesundheitsbehörden ausfüllen muss. Diese muss ich ausgedruckt mitbringen und irgendwo, irgendwem – wo, sagen sie nicht – abgeben. Es scheint nicht zu interessieren, ob ich in den letzten 14 Tagen Kontakt mit einer infizierten Person hatte oder Coronasymptome habe. Ich muss nur Flugnummer, Namen, meine Kontaktinformationen und einen Notfallkontakt angeben. Ich habe Vertrauen und erwarte, dass nach meinem Ankommen im Flughafen die gut organisierten Behörden mich durch die unangenehme Prozedur leiten. Aber nichts passiert, wie ich es erwartet hatte. Niemand weist uns darauf hin, dass wir uns, da wir aus Spanien einreisen, verpflichtend testen lassen müssen. Auf einem großen Schild lese ich „Covid 19 Test Center“ und stelle mich verwirrt an der Schlange an. Kein*e Mitarbeiter*in ist da, um die Passagiere zu unterweisen, ihre Temperatur zu messen, darauf zu achten, dass der Mindestabstand respektiert wird. Jede*r könnte jederzeit unbeachtet nach Hause fahren, und einige scheinen das auch zu tun. Bald sitze ich ohne Maske vor einem überraschend jungen Plastikmenschen, der mir die Abstriche entnimmt. Als er fertig ist, sagt er nett und ruhig: „Die Ergebnisse bekommen Sie in 48 Stunden“. Als ich in den Bus einsteige, fühle ich mich einfach abgefertigt, verwirrt und allein gelassen.

Ich halte ich es für nötig, dass die aus Risikogebieten Einreisenden über ihre Pflichten persönlich informiert werden, dass sie auch die Gelegenheit haben, ihre Fragen zu klären. Wenn nicht stärker an der Kommunikation gearbeitet wird, gehen die guten Absichten der Behörden und die ganze Mühe der Mitarbeitenden verloren. Cindy Martínez, Berlin

„Chaos um Coronatests“,

taz vom 13. 8. 20

Lost in Bayern

Natürlich schreit der Mob nach Gerechtigkeit und Sühne, aber eines vorab: Speziell in Bayern sind keine Depp:innen Chef:innen der Administration im Gesundheitswesen, auch wenn man das aus Schadenfreude vielleicht gerne unterstellen mag. Wenn man die erste Garnitur der Profis ersetzt durch die Reserve, spielt man nicht um den Aufstieg, sondern um den Abstieg. Der Fehler im System der maschinellen Datenverarbeitung ist deppert, aber eine Korrektur ist möglich.

Probleme beseitigen ist jetzt Trumpf, nicht eine unnötige Eskalation und Rotation. Wir werden noch weitere Pannen erleben, auch außerhalb Bayerns. Keep calm and carry on. Corona ist ein epochales Ereignis, leider. Die Expert:innen sind nicht unfehlbar. Martin Rees, Dortmund

„Machen wir nich’!“

In Brandenburg werden die Testpersonen nur bei positiven Befunden angerufen. O-Ton: „Da hätten wir viel zu tun, wenn wir bei negativem Testergebnis jeden anrufen würden.“ Dietmar Rohm auf taz.de

Quarantäne, bitte!

Was Söder in Bayern machte, war leider absolut kontraproduktiv. Das Problem sind die falsch negativen oder die, die trotz richtig negativem Ergebnis später noch infektiös werden.

Man sollte wieder dazu kommen, die Symptomatischen so schnell wie möglich abzustreichen und die Kontaktverfolgung dann so konsequent und schnell wie möglich durchzuführen. Mit der Öffnung der Grenzen und Ermöglichung von Reisen hätte man gleich eine Strategie haben müssen, wie man mit den Rückkehrern umgeht. Dies hat die Politik leider absolut verpennt.

Es hätte immer klar und sehr deutlich kommuniziert werden müssen, dass alle Rückkehrer aus Risikogebieten anschließend in Quarantäne müssen. In der Schweiz muss man nur 10 Tage in Quarantäne, und ein negativer Abstrich hebt dort die Quarantäne nicht auf. Dies klingt vernünftig. Nur, man müsste die Risikogebiete besser identifizieren. Zurzeit sind dies sehr globale Festlegungen, die oft auch politisch gefärbt zu sein scheinen.

Max Hahn, Tengen

Lochkartenmaschinen!

„Entschuldigung auf Bayrisch, O-Ton Söder: „Wir waren Vorreiter. Da passieren natürlich Fehler.“

Seine Gesundheitsministerin Huml ist noch dabei, die Daten „einzupflegen“. Wat hebbt wi lacht.

Hätten die sich nicht Hilfe von SAP und Telekom holen können? Alternativ hätten meine Enkel denen auch eine Excel-Tabelle bauen können. Mit Ausdruck von Adressetiketten.

Außerdem stehen im Deutschen Museum in München (sic!) auch noch Lochkartenmaschinen bereit. Die müssten vermutlich nur „geschmiert“ werden. Dann klappt das schon. (Sarkasmus off)

LawAndOrder auf taz.de