Infineon rutscht weiter in die Miesen

Schuld sind billige Chips und sinkende Nachfrage bei Handyteilen und nicht die Schmiergeldaffäre, sagt der Konzern

MÜNCHEN ap/taz ■ Der Halbleiterkonzern Infineon hat nicht nur mit einer Schmiergeldaffäre zu kämpfen, sondern auch mit tiefroten Zahlen. Im dritten Quartal habe sich das Minus ausgeweitet, auch für das Gesamtjahr sei mit einem Verlust zu rechnen, erklärte Vorstandschef Wolfgang Ziebart gestern. Grund seien der Preisverfall bei Computerspeichern, Sicherheits- und Chipkarten, die sinkende Nachfrage nach Handy-Bauteilen und die Kosten der geplanten Werksschließung in München-Perlach. Die Schmiergeldaffäre dagegen habe „auf das operative Geschäft keinerlei Einfluss“. Ein Nachfolger für den unter Korruptionsverdacht zurückgetretenen Vorstand Andreas von Zitzewitz solle vor Jahresende möglichst im eigenen Hause gefunden werden.

Wie der Infineon-Chef weiter mitteilte, hat das Unternehmen mittlerweile die Wirtschaftsprüfer Ernst & Young beauftragt, das Kontrollsystem des Konzerns zu prüfen und auch den Bau der neuen Konzernzentrale unter die Lupe zu nehmen. Im Zusammenhang mit der Schmiergeldaffäre war auch der Aufsichtsrat in die Kritik geraten. Er soll den Hinweisen auf Korruption nicht ausreichend nachgegangen sein.

Zu all diesen Problemen kommt noch ein Verlust von 234 Millionen Euro vor Zinsen und Steuern im dritten Quartal, doppelt so viel wie in den vorangegangenen drei Monaten. Die Börse strafte den Halbleiterhersteller für seine Zahlen zunächst ab. In Frankfurt war Infineon am Morgen größter Verlierer unter den 30 DAX-Werten. Am frühen Nachmittag drehten die Aktien dann aber wieder ins Plus.

Wann Infineon wieder schwarze Zahlen schreiben werde, konnte Ziebart nicht sagen. Die Bereiche Handy-Basisband und Chipkarten würden sicher noch anderthalb bis zwei Jahre lang Verluste bringen. Es gebe aber gute Chancen, diese Geschäftsfelder profitabel zu machen. Die Chipfabrik in Perlach dagegen sei technisch überholt. Hoffnungen der 800 Mitarbeiter auf ein Gegengutachten der IG Metall dürften vergebens sein: „Selbstverständlich halten wir an der Schließung fest“, sagte Ziebart. step