Die Renten sind immer noch sicher

Rentenkassenchef besorgt über schrumpfende Einnahmen. Sozialministerium: Lage „nicht außergewöhnlich“

BERLIN rtr/dpa/taz ■ Der Direktor des Rentenversicherungsverbands VDR hat erneut darauf hingewiesen, dass die Rentenkassen in diesem Jahr vermutlich einen Extrakredit vom Finanzminister brauchen werden. „Wir leben von der Hand in den Mund“, erzählte Franz Ruland dem Handelsblatt von gestern. Im Juni seien die Einnahmen aus den Pflichtbeiträgen wegen der Arbeitslosigkeit erneut um 0,6 Prozent gefallen.

Die Rentenversicherer sind gekränkt, dass die Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) durch bloße Buchungstricks die klaffenden Löcher in den Rentenkassen immer nur kurzfristig stopft, statt für einigermaßen dauerhafte Entlastung zu sorgen. Ruland weist regelmäßig darauf hin, dass die „Schwankungsreserve“, das Notfallpolster der Rentenkasse, stetig schrumpft – auf mittlerweile weniger als eine Milliarde Euro. Gesetzlich vorgeschrieben sind eigentlich 3,2 Milliarden Euro. Pro Monat werden an die Rentner 15,6 Milliarden Euro ausgezahlt.

In diesem Jahr muss nun der jährliche Steuerzuschuss für die Rentenkassen ein bisschen früher als sonst überwiesen werden. Und für das kommende Jahr hat Schmidt auch die künftige Regierung erst einmal vom Rentenproblem erlöst: Mit der Zustimmung der Union wurde einfach der Zeitpunkt vorverlegt, zu dem die Arbeitgeber ihren Rentenbeitragsteil überweisen. Dadurch müssen sie 2006 faktisch nicht 12-, sondern 13-mal zahlen.

Das Sozialministerium erklärte gestern, es gebe keinen Grund zur Besorgnis. Der für Renten zuständige Staatssekretär Franz Thönnes sagte, dass von dem insgesamt 5 Milliarden Euro schweren Bundeszuschuss 500 Millionen Euro schon im September und nicht erst im Oktober überwiesen würden. „Das ist nichts Außergewöhnliches.“ Die verlässliche Auszahlung der Renten sei auf jeden Fall gewährleistet. Dies jedoch hatte auch Ruland nicht bestritten.

Die Parteien haben im Wahlkampf aber nicht die Absicht, das Rentenproblem grundsätzlich zu diskutieren. CDU-Generalsekretär Volker Kauder sagte gestern, die Schwierigkeiten seien seit langem absehbar. Die einzige Lösung seien mehr Arbeitsplätze und Wachstum. „Alles andere ist die Verteilung des Mangels.“ Eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit allein löse kein Problem.

Die Menschen statt mit 65 erst mit 67 Jahren in Rente zu schicken, ist etwa nach Meinung des Rentenexperten Bert Rürup der einzige Weg, die Renten zu stabilisieren. Sonst müssten entweder höhere Rentenbeiträge oder höhere Steuerzuschüsse her. Oder die Renten selbst sänken schneller Richtung Sozialhilfeniveau. Arbeitsmarktexperten sagen jedoch, dass ein höheres Renteneinstiegsalter jedenfalls unter den Bedingungen der Massenarbeitslosigkeit eine schlechte Idee sei. UWI